Die Mitglieder der Bürgerschaft erreichte heute folgender Brief von Jürgen Hönschemeyer,
Scan-Möbel in Züssow.
Sconto
in Greifswald
Fluch
oder Segen?
Ein
Für und Wider von Einem, der die Branche und die Gegend
kennt
Zum
Unternehmen Sconto
Die namhaften Unternehmen Sconto, Kraft und Höffner sowie
einige weitere gehören zur Unternehmensgruppe Kurt Krieger. Kurt Krieger ist
nicht nur Möbelhändler, sondern auch ein ausgewiesener Immobilienkaufmann mit
stattlichem Vermögen. Zur Zeit versucht er in Berlin ein ganzes Stadtviertel zu
bauen, hat allerdings noch Genehmigungsprobleme. Soll heißen: Geld ist nicht
der Motivator, aber reichlich vorhanden.
Marktbeherrschung und Verdrängung sind die Triebfedern.
Kriegers Geschäftsleitung ist für enorm effizientes
strategisches Denken und Handeln bekannt. Für das Möbelhaus Barsbüttel bei
Hamburg wurde sogar ein Wettbewerbsverbot durchgesetzt. Man muss schon sehr
kompetent sein, um diesen Herren auf Augenhöhe begegnen zu können. Sconto im
speziellen steht im Knockdown Bereich, bis hin zum konventionellem Wohnen mit
allen Warengruppen der sogenannten Randsortimente (Glas, Keramik, Textilien
etc.). In Greifswald soll es sogar etwas konventioneller werden.
Zu
den Gewerbe - und Umsatzsteuern die gerne als Erstes angeführt werden
Sollte das Objekt in Greifswald ca. 15 Mio. Euro kosten,
dürften in den nächsten 10 Jahre aufgrund von Abschreibungen nicht all zu viele
Steuern fließen. Die folgenden Jahre dürften auch nicht üppiger werden, da es höchstwahrscheinlich Verlustvorträge
in einer nicht unerheblichen Größenordnung geben wird.
Sollten diese steuerlichen Möglichkeiten ausgeschöpft sein,
gäbe es immer noch die Möglichkeit über Mietverträge, Lizenzgebühren usw. das
Steueraufkommen dorthin fließen zu lassen, wo es gewünscht wird. Was die
Umsatzsteuer angeht wird es umgekehrt sein. Als Erstes wird die Umsatzsteuer
steigen, da die Werbestrategen des Unternehmens dafür sorgen, dass stille
Reserven bei den Kunden abgeschöpft werden. Anschließend wird die Umsatzsteuer
wieder fallen, da die freien Vermögen der Kunden abgeschöpft wurden und die
Region Vorpommern-Greifswald auf 250 €
pro Kopf zurück fallen wird, da es in dieser Größenordnung kein Wachstum in der
Bevölkerung geben kann.
Zum
Standort
Für die Region Vorpommern Greifswald, gibt es eine Möbel-Kaufkraft
von ca. 250 Euro pro Kopf. Für ein Möbelhaus im Discount-Bereich beträgt der
Flächenumsatz im Durchschnitt 4000-5000 Euro pro Quadratmeter. Die derzeitigen
Branchenspezialisten Roller und Poco kommen auf die oben beschriebene Zahlen.
“Kleinere“ Discounter wie Tejo schaffen
immerhin noch 2000 Euro pro Quadratmeter.
Sconto ist mit Sicherheit in der Mitte dieser 3
anzusiedeln.
Jetzt kann man rechnen wie viel Kaufkraft dem ansässigen
Möbelhandel bei weiteren
10.000 Quadratmetern Handelsfläche verloren geht. Aber das
ist ja noch nicht alles.
Aufgrund der Vielfalt an Ware in einem Sconto Möbelhaus würde
auch die Kaufkraft in allen anderen Branchen leiden. Die Kaufkraft pro
Einwohner ist eine konstante Größe, die sich im Raum Greifswald in den letzten
10 Jahren kaum verändert hat.Dies liegt zu einem an den fehlenden Strukturen
und zum anderen an der wirtschaftlichen Ecklage Greifswald mit vorgelagerten
starken
Städten wie Stralsund und Neubrandenburg.
Die Kaufkraft wird
durch neue Marktteilnehmer neu verteilt und selbstverständlich nicht
erhöht.
Damit hätte auch die Innenstadt einen Kaufkraft-Verlust zu
erleiden.
Wer nun der Meinung ist, dass ein Kunde, welcher zuvor im
Sconto Möbelhaus Greifswald einkaufen gegangen ist, kurz darauf wieder in die
Innenstadt fährt, irrt sich gewaltig. Kostenlose Parkplätze sowie die diversen
Geschäfte des Elisenparks locken nicht in die Innenstadt.
Es ist wahrscheinlicher, dass es eine Verlagerung der
Innenstadt-Kaufkraft Richtung Elisenpark geben wird, da es hier alles geben
wird, was das Herz begehrt. Von Lebensmitteln bis hin zu Möbeln.
Das führt nicht dazu, dass Händler reihenweise durch Sconto
schließen werden.Es schwächt jedoch unsere lokalen kleineren Händler aller
Branchen. Da in den letzten Jahren sehr gut an der Zersiedlung der Kaufkraft in
der Innenstadt gearbeitet wurde, ist dies nur ein weiterer Tropfen zu
Verdrängung des ortsansässigen Handels.
Hinzu kommt, dass es kleineren Unternehmern kaum noch möglich
sein dürfte sich mit Hilfe von Krediten neu zu gründen oder zu erweitern, da
Banken eher abgeneigt sind solche in Regionen zu bewilligen, in denen hoher
Wettbewerbsdruck herrscht.
Die Verödung der Innenstadt wird ihren Lauf nehmen. Nicht
heute und nicht morgen, aber schleichend.
Kleine Unternehmen sterben langsam und leise.
Noch eindrucksvoller ist die Größe, in der die Krieger
Geschäftsleitung plant zu bauen. Mit 15.000 Quadratmetern ist das Projekt um
ca. 10.000 Quadratmeter größer als normalerweise für einen Discounter benötigt
wird. In der Regel liegen diese Märkte bei 3500 - 4500 Quadratmetern. Hier
liegt die Vermutung sehr nahe, das erstens, der örtliche Handel geschwächt wird
und
zweitens, der Wettbewerb auf lange Zeit auf Abstand gehalten
werden soll.
Und zwar nicht nur im Discount Bereich sondern auch im
Vollsortiment.Ansonsten macht diese Größe keinen Sinn.Die unausweichliche Folge
wird eine Schwächung der lokalen Händler sowie ein enormer Wettbewerbsvorteil
für Sconto sein.
Bei dieser Größe werden sich alle anderen Discounter
(Boss,Roller,Rück(Mömax),Poco etc) diesen Standort erst annehmen, wenn man
gegen Krieger in den
Verdrängungswettbewerb ziehen will,da die vorhandene Kaufkraft aus
wirtschaftlicher Sicht nicht ausreicht für einen weiteren Wettbewerber.
Die Stadtväter Greifswalds unterstützen Herrn Krieger bei
einer Vormachtstellung, die er bereits hat und helfen ihm den Wettbewerb zu
minimieren. Wir als Kunden können schlimmsten Falls in Zukunft dann nur noch
bei Herrn Krieger kaufen. Sconto Stralsund - Höffner Rostock - Sconto Greifswald
(des Weiteren ist in Rostock ein weiteres Höffner-Haus in Planung). Besser kann
man einen Markt nicht in einen Flächenland abschotten.
Eine
Anmerkung
Mit der Fläche, die bebaut werden soll dürfte Herr Krieger
rund 75% der Möbelhandelsfläche in Vorpommern-Greifswald sein Eigen nennen (der
Anteil könnte abhängig von den Lagerkapazitäten sogar noch höher werden). Der
Einzige, der diese Verhältnis in Greifswald etwas ausgleicht, ist Albers
(Stralsund ist bekanntlich ein anderer Landkreis).
Die
Arbeitsplätze
Angenommen Herr Krieger besitzt 75% der Möbelhandelsflächen,
so sollte er folglich auch 75 % der im Möbelhandel Beschäftigten einstellen.
Dies ist ein Trugschluss.Aufgrund von Synergieeffekten mit seinen anderen
Standorten und anderen Feinheiten werden es nur ein Bruchteil der vorhandenen
Arbeitsplätze sein.Des Weiteren ist Herr Krieger in der Branche für geringe
Löhne bekannt, sodass Arbeitnehmer in einigen Bereichen der Krieger Gruppe zu
den sogenannten Aufstockern gehören.
Die
wirtschaftliche Sicht für die Region
Da ein Möbelmarkt wie Sconto nicht nach Umsatz pro
Quadratmeter berechnet wird, sondern nach Deckungsbeitrag pro Quadratmeter,
erscheint folgendes Szenario wahrscheinlich:
Der Deckungsbeitrag pro Quadratmeter wird stark über die
Stückzahl eines verkauften Artikel erreicht. Damit fällt der Verkaufspreis um
höhere Stückzahlen zu ermöglichen. Folglich fallen die Preise, was den
Verbraucher zunächst erfreuen wird, jedoch auch zur Verödung der
Handelslandschaft führt, da nicht jeder Unternehmer diesem Preisdruck auf Dauer
stand halten kann.
Da aufgrund der demografischen Entwicklung die einzelnen
Unternehmen schon seit Jahren mit sinkenden Frequenzen zu kämpfen haben und der
Onlinehandel das ganze auch nicht fördert, dürften die meisten Marktteilnehmer
nicht nur dem Preisdruck, sondern auch dem erhöhtem Frequenzdruck ausgesetzt
sein. Durch die geplante Installierung eines neuen Gartenmarktes neben dem
neuen Sconto soll noch mehr Kaufkraft an diesen Standort gebunden werden.
Greifswald leistet sich mit seinen 60.000 Einwohnern
einen Fachmarkt mit 10.000 Quadratmetern, Neubrandenburg hat mit 65.000
Einwohnern
gleich 2 (Roller und Poco) auf fast gleicher Verkaufsfläche mit wesentlich
besserem Einzugsgebiet. Das nennt man Wettbewerb.
In Stralsund hat man neben Sconto noch Albers und MMZ die auf
ähnlichen Flächen agieren mit wiederum besserer Kaufkraft und einem größerem
Einzugsgebiet.
Somit ist Sconto in der beantragten Größe von Anfang an
Marktführer, bei dem der Wettbewerb lange auf sich warten lässt. Greifswald
will sich für Touristen stärker aufstellen. Das bedeutet, dass man keine
uniformierte Innenstadt braucht, sondern eine leistungsstarke Händlerschaft,
die für Abwechslung und Innovation sorgt. Diese kann es es allerdings nur
geben, wenn die Kaufkraft in und um Greifswald erhalten bleibt und die
erwirtschaftete Geldmenge in territorialer Rotation bleibt. Ein übermäßiger
Abfluss der ohnehin schon geringen Kaufkraft würde Stadt und Land mehr schaden
als nutzen.
Abschließend bleiben folgende Fragen für die nächsten 20
Jahre unbeantwortet:
Wie viele Arbeitsplätze schafft Herr Krieger und wie viele
werden vernichtet?
Wie viele Steuern wird er zahlen?
Wie hoch werden die Löhne sein?
Wie gut wird es der Innenstadt in Zukunft gehen?
Wie viele Insolvenzen wird es im Handel geben ?
Wie viel Geld wird aus einem strukturschwachen Gebiet
abgezogen?
(in 10Jahren ca 200-400 000 000 MIO €)
Was haben Stadt und Land Greifswald (die Bürger) tatsächlich
von so einer Ansiedlung?
Fakt ist :
Die Stadt Greifswald (mit Umland in einem 45 Minuten Radius)
hat eine Möbelkaufkraft von gesamt ca. 55
Mio. Euro bei ca. 113000 Haushalten.
Sconto wird eine Kaufkraft von ca.11-15 Mio.Euro pro Jahr aus
der Region nehmen, ohne dass signifikante Mittel in die Region zurück fließen.
Dies sind zwischen 20+25 % der gesamten Möbelkaufkraft in der Region
Greifswald-Vorpommern. Wenn man noch den Abfluss der Kaufkraft nach
Neubrandenburg zu Rück oder nach Rostock zu Ikea und Höffner, welche ebenfalls
die Region Greifwald-Vorpommern bewerben, mit einfließen lässt, verschwinden
aus der Region Mittel in Höhe von ca. 30 Mio Euro pro Jahr, die weder der
Region noch dem Handel, noch dem Handwerk oder den Kommunen jemals wieder
zufließen werden. Die Gewinne werden an anderer Stelle investiert, damit Markt
und Vorherrschaft weiter ausgebaut werden können.
Hinzu kommt, dass der Sconto Markt nicht die Umsätze bringen
wird, die die Krieger Gruppe normalerweise anstrebt,was wiederum den Druck auf
die anderen Marktteilnehmer erhöht.
Hier soll an einem Standort investiert werden, der ohnehin
schon schlechter ist und dann noch in einer Größe die bei weitem über der Norm
liegt.
Wettbewerb wird auf lange Zeit eingeschränkt und sich erst
verbessern, wenn die Kaufkraft
in der Region wieder gestiegen ist. Diese kann allerdings nur
steigen, wenn die Politik die Wertschöpfung erhöht oder der regionale Handel
sowie das Handwerk in der Lage sind zu investieren und zu wachsen, damit Löhne
und Einkommen steigen. Alles andere ist in strukturschwachen Gebieten eher
hinderlich als förderlich.
Vorpommern-Greifswald wird aufgrund der Lage niemals zu einer
Boom-Region werden, wie es Rostock-Wismar oder Lübeck beispielsweise sind.
Demnach muss dafür gesorgt werden, dass
bestehende Mittel in der Region bleiben, um diese in die Möglichkeit
eines organischen Wachstums zu versetzten. Wir brauchen große Unternehmen in
der Region, aber bitte in einer Größenordnung,
die dieser angepasst ist.
Wettbewerb ist wichtig und muss gefördert werden.
Marktmacht muss verhindert werden, denn diese vernichtet den
Wettbewerb.
Sconto: ja
Die Größe: nein
Innenstadt-relevante Fachsortimente müssen nachhaltig
begrenzt werden, damit jeder Wettbewerber eine Chance hat in den Wettbewerb zu
treten.
Nachdem ich Ihren Bericht gelesen haben, scheint mir, dass
die Planungen schon sehr fortgeschritten sind.Mit Edda Metz, (die schärfste
Klinge für diese Angelegenheiten)ist eine Frau auf der Bühne erschienen, die
die angedachten Dinge aus dem Krieger Konzern auch mit Erfolg in die Tat
umsetzt. Vielleicht reichen ja diese Gedanken Herrn Kremer, damit er in die
richtige Richtung arbeiten kann.
Kaufkraft ist ein scheues Reh und hinterherrennen führt
selten zum Erfolg
Quellen:GFK
Statistischen Landesamt
Ferdinand
Holzmann Verlag
Jürgen Hörnschemeyer