Mittwoch, 29. Juli 2015

Neuland

"Das Internet ist für uns alle Neuland" sagte jüngst zum Erstaunen aller Frau Merkel zu Herrn Obama.

Stimmt, wie wir in der heutigen OZ nachlesen konnten:

Im Rahmen eines Artikels über den Tapir-Cartoon im Studierendenkalender schrieb der Berichterstatter: "twitterte, also zwitscherte" - offensichtlich in dem festen Glauben, dass es der Erläuterung von "twittern" durch "zwitschern" bedarf bzw. das die Angela Merkels unter den OZ-Lesenden "twittern" zwar nicht verstehen, ihnen aber durch "zwitschern" Klarheit verschafft wird.

Damit ist der allseits bekannte eob, wie immer in seinen Artikeln, seinem Auftrag der Versorgung der Greifswalder OZ-Lesenden mit lebenserhellenden Wahrheiten nachgekommen und hat, wieder einmal, zur Aufklärung beigetragen.



Montag, 27. Juli 2015

Rekordgewinn der WVG



In der Greifswalder Bürgerschaft hatten wir gefordert, statt eine Mietpreisbremse einzuführen die Gewinnabführung von der WVG an die Stadt einzustellen. Aber leider musste es ja die Mietpreisbremse sein...

Dazu ein Gastbeitrag:

Einen Rekordgewinn hat die WVG zu vermelden und deren Geschäftsführer erklärt dies zum Erfolg seiner  Geschäftspolitik.  Gleichzeitig beklagten dieser Tage einige Bürgerschaftsmitglieder die Höhe der Greifswalder Mietpreise und forderten die Einführung der Mietpreisbremse. Bei leichtem und nicht zu anstrengendem Nachdenken könnte der Zusammenhang zwischen dem hohen Gewinn der WVG einerseits und den hohen Mietpreisen in der Stadt andererseits auffallen und man könnte den Schluß ziehen, daß die effektive Mietpreisbremse im Bereich der Mietengestaltung durch die WVG zu ziehen wäre, die mit Ihrer Marktmacht die Mietpreise erheblich beinflußt.  Könnte nicht die WVG in der Vergangenheit ein wesentlicher Faktor der Preissteigerungen am Greifswalder Wohnungsmarkt gewesen sein?

Auf diesen  Faktor hätte die Stadt als alleiniger Eigentümer sehr wohl Einfluß nehmen können, hätte sie es denn gewollt und hätten die nun so aktiv die gesetzliche Mietpreisbremse fordernden Bürgschaftsmitglieder zuvor ein wenig mehr nachgedacht.

Ein Erfolg der Geschäftspolitik wäre es, wenn die WVG Wohnraum zu günstigen Bedingungen an den Markt bringt und dennoch Gewinn abwirft. Das Drehen an der Preisschraube als Erfolg der Geschäftspolitik darzustellen, scheint mir – gerade für ein städtisches Unternehmen - doch ein wenig einseitig  kapital- und renditeorientiert und nur in diesem Sinne ein Erfolg. Wenn Erfolg jedoch nur noch an der Rendite gemessen wird, wird die Sozialbindung des Eigentums, die immerhin in unserer grundgesetzlichen Ordnung normiert ist und damit Verfassungsrang hat, zur Makulatur. Arme Stadt Greifswald. 

Mittwoch, 22. Juli 2015

Dringend zur Lektüre empfohlen: +update+

Kursbuch Bürgerbeteiligung

von Jörg Sommer (Hrsg.)
Deutsche Umweltstiftung, 20.06.2015
29,80 €

Bürgerbeteiligung liegt im Trend. Ob in Großverfahren oder bei kommunalen Detailfragen: Mit mehr Bürgerbeteiligung versuchen Entscheider in Politik und Wirtschaft, mehr Akzeptanz und Legitimation zu erzielen. In der Tat ist gut gemachte Bürgerbeteiligung in der Lage, unsere Demokratie zu „revitalisieren“. Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen zu beteiligen, hat großes Potential, ist aber nicht einfach umzusetzen. Das Kursbuch Bürgerbeteiligung vereint Beiträge renommierter Wissenschaftler und erfahrener Praktiker. Es bietet einen umfassenden Überblick über den Stand der Bürgerbeteiligung in Deutschland und lotet deren Perspektiven aus.


Ausgabe: 1. Auflage
ISBN/EAN: 9783942466141

Seitenzahl: 540
Format: 220 x 170 mm
Gewicht: 400 g
Sprache: Deutsch

Kursbuch Bürgerbeteiligung - Coverbild




Update






Perspektiven der Immobilienwirtschaft .  
Bürgerbeteiligung in der Projektentwicklung .   Hrsg.: ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss e.V.) .   2013 .   174 S.   24 cm .  
978-3-89984-321-7
 - Immobilien Manager -  
GEB        79.00 EUR       
    






Zusatztext

Das Top-Thema: Bürgerbeteiligung
Erfahrungen, Erwartungen und Erkenntnisse zu Bürgerbeteiligungsverfahren von Politikern, Praktikern und Wissenschaftlern bilden dasHerzstück des Buchs "Perspektiven der Immobilienwirtschaft - Bürgerbeteiligung". Die heterogenen Hintergründe der Autoren bieten eine große Bandbreite von Blickwinkeln auf Bürgerbeteiligung bei Immobilienprojekten. Neben namhaften Vertretern der Branche kommen zu Wort: Prof. Dr.-Ing. Hans-Peter Keitel (BDI), Dr. Stephan Articus (Deutscher Städtetag), Prof. Dr. Walter Siebel (Univ. Oldenburg) und viele mehr.
Ergänzt werden diese Perspektiven durch eine Studie der Universität Wuppertal zur Entwicklung und Relevanz von Bürgerbegehren bei Immobilien- und Stadtentwicklungsprojekten seit 1956.
In einem abschließenden Kapitel werden Möglichkeiten aufgezeigt, verschiedene Interessensgruppen in die Projektkommunikation einzubeziehen und dadurch Konflikte zu vermeiden.


Oh Schreck - die Bürger_innen!

Die Menschen an Entscheidungen zu beteiligen, hat großes Potential, ist aber nicht einfach umzusetzen. Handwerkliche Fehler oder der Wunsch, über einen Beteiligungsprozess bereits getroffene Entscheidungen nachträglich zu legitimieren, führen manchmal sogar zu einer Verschärfung vorhandener Konflikte.

(Jörg Sommer (Hg.): Kursbuch Bürgerbeteiligung, Norderstedt: Books on demand 2015, S. 9)

Gestern fand eine Bürger_innenversammlung Anwohnendenversammlung traf man sich im Rathaus, um Informationen über die Sanierung des Museumshafens, Abschnitte 2 und 3 (das heißt: Rycknordseite, anschließend an das bereits gepflasterte Stück), und der Salinenstraße insgesamt entgegenzunehmen. Es war Bürgerbeteiligung, wie sie sich eine Verwaltung vorstellt: Die Verwaltung trifft "vernünftige" (wie mehrfach betont wurde) Entscheidungen, zu denen dann die Bürger_in Fragen stellen darf.

Wobei man berücksichtigen muss: Die Bauzäune stehen schon...

Die Innenstadt von Greifswald ist nicht groß. Der Museumshafen auf beiden Seiten des Ryck gehört dazu. Da es keinen B-Plan für diesen Bereich gibt, ist die Salinenstraße munter und vielfältig bebaut - von alt bis ganz neu. Und: Der Bereich ist eines der Hauptziele des Tourismus in der Stadt.

Für diesen Bereich hat die Stadtverwaltung lange die Köpfe mit einem (von wem ausgesuchten?) Rostocker Planungsbüro zusammengesteckt und ist, da die Bürger_innen aus der Planung ausgeschlossen waren, zu "vernünftigen" (wie immer wieder betont wurde) Lösungen gekommen. Allerdings ist die Vernunft auf die des Verwaltungsdenkens eingeschränkt, z. B. wurde der Austausch des historischen Pflasters der Salinenstraße (gehauene Steine, nicht einfach nur große Kiesel!) durch Asphalt begründet: "Es ist billiger. Und geht schneller."

Tja.

Die Anwohnenden und Eigentümer der Salinenstraße wurden damit konfrontiert, dass sie erstens weniger Parkplätze haben werden und zweitens anstelle der wegfallenden Parkplätze Bäume, die ihnen die Wohnungen verschatten. Der Blick aus dem Fenster auf Hafen und Stadt endet zukünftig in einer Baumkrone. Wer dies mag, hat sicherlich anderswo gebaut oder gemietet als gerade dort - die freie Sicht (am Stadthafen in Richtung Süden) ist in dieser Lage ausschlaggebend.

Überhaupt: Bäume. So schön und so wichtig sie ja auch sind - ehe man sie an falscher Stelle pflanzt, sollte man sie an gewachsener lieber nicht umsäbeln. Ein Anwohner fragte, warum es keinen Architektenwettbewerb für dieses wichtige Areal gegeben habe - richtig gefragt! Wenn es die Notwendigkeit eines Architektenwettbewerbs für das neue Stadtarchiv gibt, dann für die Gestaltung dieses Areals allemal. Dann hätte man auch die Frage klären können, wieso denn plötzlich am Hafen ein Wald wächst...

Merkwürdig sind auch die Planungsschnitte. Auf dem ersten Abschnitt des Museumshafens gibt es (im Gegensatz zur Salinenstraße) keine Bäume. Ab Schnittkante zum zweiten Abschnitt geht's mit den Bäumen los. Neues Büro, andere Planung?

Möglich waren auf der gestrigen Versammlung Fragen, zu denen die Anwohnenden auch ermuntert wurden. Fragen: erlaubt. Änderungen? Pustekuchen. Die Bürger_innen hatten die Planungen so zu schlucken, wie sie sind. Schließlich sind sie (die Planungen) ja auch "vernünftig". Ein geschlagenes Jahr lang haben die Anwohnenden mit Bautätigkeit zu leben. Darüber wurden sie gestern in Kenntnis gesetzt - als, wie gesagt, die Baustelle bereits eingerichtet war. Entschuldigt wurde die KOMPLETT FEHLENDE BÜRGER_INNENBETEILIGUNG damit, dass das Projekt ja bereits in BauBeCon-Zeiten beschlossen und geplant worden sei. Dies sei jetzt nurmehr die Ausführung. Die Bewertung dieser Entschuldigung überlasse ich den Lesenden...

Die Anwesenden bekamen über Beamer eine nicht lesbare Excel-Tabelle mit dem Bauablauf an die Wand geworfen, schön bunt, in zu kleiner Schrift und dann auch noch über zwei Seiten. Der Sinn war nicht, mitzuteilen, in welchen Abschnitten gebaut wird (dazu wirft man kein unaufbereitetes Planungsmaterial an die Wand), sondern um deutlich zu machen: Es ist alles von Expert_innen fertig geplant, ausgeschrieben, zeitlich festgelegt und festgezurrt - es gibt daran nichts mehr zu rütteln, zu ändern oder gar - zu verbessern.

Detailkritik zu den einzelnen Elementen der Planung soll jetzt hier nicht stattfinden. Nur der ganz große Punkt: Das, was dort geschieht, ist ein, wie es so schön heißt, "Top-down-Verfahren" der Verwaltung. In der Stadtverwaltung und in den beauftragten Büros sitzt die Expertise für "vernünftige" Planung; die Bürger_innen haben das, was die fürsorglich Planenden für sie entwerfen, so hinzunehmen, wie es ihnen serviert wird. Planung ist schließlich Selbstzweck und hat mit den zukünftigen Nutzer_innen nichts, aber auch gar nichts zu tun! "Vernünftig" kann man nur planen, wenn man die Bürger_innen so lange wie möglich aus dem Planungsprozess heraushält. Am besten informiert man sie erst, wenn die Bagger schon vor der Tür stehen...

Ich glaube, dass unsere Stadtverwaltung sämtliche Züge in die Moderne unbemerkt hat abfahren lassen, mehrere Schüsse überhört und noch immer nicht verstanden hat: Wenn ich etwas "für" die Bürger_innen plane, dann muss ich die Bürger_innen fragen, ob auch sie das "vernünftig" finden!

Die Recherche im Ratsinformationssystem der UHGW erbrachte hinsichtlich der Beratung der Planungen Ausbau Museumshafen (2. und 3. Abschnitt) und Salinenstraße 0 (in Worten: null) Treffer.

Werte Stadtverwaltung: Das war ein Komplettversagen!

Es ist eine Irrlehre, dass es Fragen gibt, die für normale Menschen zu groß oder zu kompliziert sind. Akzeptiert man einen solchen Gedanken, so hat man einen ersten Schritt in Richtung Technokratie, Expertenherrschaft, Oligarchie getan. Politik ist zugänglich, ist beeinflussbar für jeden. Das ist der zentrale Punkt der Demokratie.

(Olof Palme)


PS: Eine Detailkritik sei erlaubt: Es gibt eine für Spiele vorgesehene Fläche, die nicht mit Spiel- und Klettergeräten für Kleinkinder zugestellt ist. Auf Nachfrage hat sie eine Sandoberfläche (?) in der Größe von 5 x 8 Metern, umstellt von "Jugendlichenbänken" (?). Für welches Spiel ist diese Fläche gedacht?

Boccia: 4,50 m x 26,50 m
Pétanque (Boule): 4 m x 12 m

Hat schon einmal jemand versucht, Boccia oder Boule im Sand zu spielen?

Beachvolleyball: 16 m x 8 m
Federball (Badminton): 13,40 m x 6,10 m

Kubb (Wikingerschach) ginge so gerade eben noch, wenn die Spielenden von den Bänken aus werfen...


Montag, 20. Juli 2015

Kein (Das) neues AfD-Zentralorgan

Seit heute morgen steht hier:

Die Ostsee-Zeitung wird zum AfD- (um es nicht noch rechtsextremer zu formulieren) Zentralorgan. Um die Ablehnung von Flüchtlingen noch weiter zu verstärken, hat sie eine "arabische Mafia" erfunden:

Zwei Männer bieten eigentlich kostenlose Leistungen an und wollen im Gegenzug hunderte Euro dafür haben. Kreis kündigt Anzeige und Hausverbot an.

Wenn zwei Männer schon eine Mafia bilden... Ich bitte die Mafia-Expert_innen, gegen den inflationären und reißerischen Gebrauch des Wortes vorzugehen!

Ein bißchen mehr Reflexion hätte ich von der Zeitung schon erwartet. Leider ist sie nicht nur das Zentralorgan der neurechten Bewegung, sondern die Zeitung mit Lokalmonopol. Daher kann man sie leider, leider nicht abbestellen.

Das weiß sie auch...


Dies ist nicht korrekt. Es gibt einen anonymen Brief, der, um die Absender zu schützen, hier inhaltlich wiedergegeben wird und in dem von der "arabischen Mafia" gesprochen wird:

Sehr geehrte Ostsee-Zeitung, Sie schreiben immer nur über Greifswald. Hier in Wolgast ist es viel schlimnmer! Die tunesische Mafia ist hier aktiv. Es gibt aber auch noch andere schlimme Menschen hier, die uns drangsalieren. Der einzige Helfer ist von der arabischen Mafia verjagt worden. Wir bitten um Hilfe!

Also: keine Erfindung der OZ, sondern ein Zitat.





Sonntag, 19. Juli 2015

Frontex in Greifswald

Ein Beitrag von Jan Evers 
Ein wirklich beeindruckendes Kunstwerk bot sich mir, als ich am Donnerstagmorgen am Fischerbrunnen vorbei ging. Mit wenigen Mitteln gelang es den AkteurInnen, auf die unsäglichen Fluchtbedingungen im Mittelmeerraum hinzuweisen. Das rot eingefärbte Meer, die einfachen Holzkreuze vor den beiden Gräbern. Die Stadtverwaltung wollte dem wohl nicht nachstehen und schuf einen sehr eindrucksvollen Abschluss.  Nach dem Abräumen der Gräber errichtete sie um das von Blut getränkte Meer einen hohen Zaun, der uns schmerzlich vor Augen führt, wie Europa sich gegen die Flüchtlinge abschottet.
                                              Foto: Britta Heinrich
Insgesamt also eine sehr aussagekräftige Kunstperformance, die unserer Stadt sehr würdig ist. 
Unwürdig dagegen für unsere Stadt ist das Verhalten eines Herrn Hochschild. Wenn er äußert, Deutschland habe genug Flüchtlinge aufgenommen, will er damit wohl zum Ausdruck bringen: Der Rest kann ruhig ersaufen. Die Drohung, die ausländerfeindlichen Ressentiments wiederzubeleben, sollte einem Politiker aus einer Partei mit dem C im Namen die Schamröte ins Gesicht treiben. Da sind keine Lösungsansätze des Politikers erkennbar, keine Auseinandersetzung mit den Ursachen, die die Menschen zu solchen verzweifelten Aktionen wie der Flucht  überdas Meer treiben, sondern nur der Gedanke an den eigenen Vorteil und keine Humanität.

Donnerstag, 16. Juli 2015

Großeinsatz

So recht weiß eigentlich niemand, warum es den Großeinsatz in der Stralsunder Straße gegeben hat - müssen jetzt alle Menschen, die die Ruhe stören, mit einem Massenaufgebot an Uniformierten und dem Einsatz von Hunden rechnen? Offenbar weiß das weder die Polizei, noch kann die Gewerkschaft der Polizei etwas dazu sagen. Aber wissen möchte man es schon:
In Greifswald forscht Michael Steiger, Mitveranstalter der angeblich ausgearteten Party, derweil weiter nach dem Verantwortlichen, der den aus seiner Sicht unverhältnismäßigen Polizeieinsatz angeordnet hat. Gefunden hat er ihn noch nicht. Er selbst wird demnächst aber wohl auch behördliche Post bekommen. Unter anderem, weil er freimütig eingeräumt hatte, die Veranstaltung mit 200 bis 300 Teilnehmern gar nicht erst angemeldet zu haben. Dass es sich tatsächlich um ein privates Sommerfest und keine öffentliche Party gehandelt hat, bezweifeln die Behörden allerdings.
Steiger hält dem entgegen: Die Frage, ob man die Veranstaltung habe anmelden müssen, habe überhaupt nichts mit der Ruhestörung zu tun. „Ich will wissen, wieso wegen ein bisschen Lärm Dutzende Polizeibeamte und zwei Polizeihunde vor unserem Haus aufgefahren wurden.“ Insgesamt mache das Verhalten der Polizei auf ihn „einen planlosen und chaotischen Eindruck“.

Mittwoch, 15. Juli 2015

Die AfD Vorpommern-Greifswald kann´s nicht lassen

"Den vielfach postulierten Rechtsruck wird es nicht geben“, meinte AfD-Landessprecher Leif-Erik Holm nach der Petry-Wahl laut Ostsee-Zeitung.

Die AfD in Vorpommern-Greifswald muss auch nicht nach rechts rücken, sie ist dort schon längst. In der Vergangenheit zeigte sich dies deutlich an der Zustimmung zu NPD-Anträgen im Kreistag. Und am 13.07.15 war es wieder einmal so weit.

Obwohl vor der Kreistagssitzung mit einer Mahnwache eines breiten Bündnisses und ca. 100 Leuten gegen die billige Polemik der NPD demonstriert wurde, war es wieder einmal ein AfDler, der mit den anderen Rechtsextremen meinte stimmen zu müssen. Der Nordkurier dazu in einem Bezahlartikel: "AfD- und Kreistagsmitglied Gunter Jess ging noch einen Schritt weiter. Er stimmte erneut gemeinsam mit den Rechtsextremen. Die hatten einen Antrag eingebracht, der gegen Flüchtlinge und die Integrationsarbeit des Kreises polemisierte. Jess fand das offenbar prima."

Jess spricht sich damit gegen die Integration und für die Abschiebung anerkannter Flüchtlinge aus und meint gemeinsam mit der NPD, dass Integrationslotsen niemand benötige. "Schon der Begriff [sei] lächerlich, genauso wie die ganze bunttolerante Multikulti-Phantastik", so Jess und NPD.

                                         Bild: MOPET


Don Fernando wird promoted

Der "Journalist" Eckhard Oberdörfer macht in der heitigen OZ eine halbe Zeitungsseite Werbung für Don Fernandos Petruswerk / Avila AG.

Damit hat er der OZ vermutlich geschadet - ihr sind ungefähr EUR 3000 für die gewerbliche Anzeige im Bereich "Immobilien" durch die Lappen gegangen...


Dienstag, 14. Juli 2015

Rassistischer Überfall in Greifswald

So sieht es nach einem Bericht der Ostsee-Zeitung wohl aus.

Es ist gut, dass die Polizei schnell vor Ort war. Weniger gut ist es, dass es an dem Tag/Abend passierte, an dem die NPD mit hetzerischen Anträgen im Kreistag "glänzte" und rund 100 BürgerInnen dagegen demonstrierten.

Dennoch bedarf der Bericht der OZ einer kritischen Anmerkung. So heißt es im Artikel: "Al Najjar erneuerte seine Forderung, dass man sich vermehrt um alle sozial Schwachen im Lande kümmern müsse, um Neiddebatten zu verhindern."

Fremdenfeindlichkeit und Rassismus haben mehr Ursachen als nur Neid. Es wäre eine zumindest unglückliche Verkürzung, dies darauf zu beschränken.

Ich weiß nicht, wer den Begriff "sozial Schwache" tatsächlich benutzte, der Redakteur oder Ibrahim. Ich weiß nur, dass dieser Begriff für Arme und meinetwegen sozial Benachteiligte schlicht falsch ist. Da ich mich nicht dauernd wiederholen will, lasse ich an dieser Stelle die Nationale Armutskonferenz (NAK) zu Wort kommen, die diesen Begriff in eine Reihe mit "Vollkasko-Mentalität" und "Sozialschmarotzer" stellt: "Damit würden Menschen bezeichnet, die über wenige materielle Mittel verfügten und dadurch weitgehend von der kulturellen Teilhabe ausgeschlossen seien. Dies habe aber nichts damit zu tun, ob ein Mensch sozial veranlagt sei oder nicht, erklärte NAK-Sprecher Thomas Beyer. Er forderte, die Verbreitung von Klischees über arme Menschen zu vermeiden."

                                                      Quelle: NAK

Mahnwache vor der Stadthalle zum Kreistag

Der Nordkurier schreibt:
Rund 70 Menschen folgten dem Aufruf vor der Sitzung an diesem Montag. Sie protestierten stumm mit Transparenten vor der Stadthalle. Unter ihnen waren Vertreter zahlreicher Vereine und Institutionen aus dem Landkreis, darunter auch verschiedener Parteien und der beiden Kirchen.
Ausschnitt aus dem Foto von Gabriel Kords


Die OZ hat mehr gezählt:
Über 100 demokratische Kräfte unterstützten am Montagnachmittag das Bündnis „Vorpomern: weltoffen, demokratisch, bunt!“.
und setzt fort:
Die rechtsradikale Partei lehnt sogenannte Integrationslotsen ab und will, dass selbst als Flüchtlinge eingestufte Ausländer wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden. Die NPD  stellt den Gedanken der Integration generell infrage. Das vorpommersche Bündnis und viele demokratische Kräfte nehmen diese Hetze nicht unwidersprochen hin.
Bild: Ulrich Rose

Bild: Ulrich Rose

Bild: MOPET

Montag, 13. Juli 2015

Unverhältnismäßiger und bedrohlicher Polizeieinsatz gegen friedliches Sommerfest

Eine Gegendarstellung zur Pressemitteilung der Polizei Nr. 3069300 - 12.07.2015 - PP NB - Polizeipräsidium Neubrandenburg

Am Samstagnachmittag, dem 11.07., fand in unserer Wohngemeinschaft in der Stralsunder Straße das jährliche Sommerfest mit FreundInnen statt. Es handelte sich dabei um ein privates Sommerfest mit Theatervorstellung, Live-Musik, Buffet, Lagerfeuer und Tanz in friedlicher und gelassener Atmosphäre. Gäste aus ganz Deutschland  reisten zum Fest an, um ihre in Greifswald lebenden FreundInnen zu besuchen. Das Sommerfest steht in langer Tradition und wir, die GastgeberInnen, suchen zu den Nachbarn im Vorfeld stets das Gespräch.

Bereits kurz nach 20 Uhr wurden wir das erste Mal von der Polizei aufgefordert die Lautstärke zu reduzieren. Wir waren überrascht von dem schon zu diesem Zeitpunkt unfreundlichen und harschen Ton. Die erste Band beendete ihr Konzert und es folgte eine Theatervorstellung.

Beim zweiten Auftreten der Polizei um ca. 22.30 Uhr hörte die letzte Band sofort auf zu spielen. Musik wurde in einen Innenraum verlegt und in der Lautstärke erheblich reduziert. Die Veranstaltung wurde dennoch sofort als „aufgelöst“ bezeichnet. Ohne Anlass und rechtliche Handhabe versuchten die Beamten zu diesem Zeitpunkt bereits aktiv unsere Gäste am Betreten des privaten Geländes zu hindern. Unser Kooperationswille und die Gesprächsbereitschaft wurden von der Polizei zunächst abgewiesen. Nur mit vielen guten Worten und dem Appell an den gesunden Menschenverstand der Beamten wurde eine friedliche und damit der Veranstaltung angemessene Gesprächsebene gefunden. Der Wille zur Kooperation mit der Polizei für einen ruhigen Verlauf des Abends wurde erneut bekräftigt. Der gemeinsame Kompromiss erlaubte eine Fortführung des Sommerfestes im bestehenden Rahmen.

Darüber hinaus wurden von unserer Seite der Polizei ein telefonischer Kontakt angeboten, um bei weiteren Beschwerden unkompliziert und schnell die Lautstärke noch weiter zu verringern. Leider nutzte die Polizei dieses Angebot der Kooperation im weiteren Verlauf des Abends nicht. Stattdessen führte ihr Verhalten beim erneuten Erscheinen gegen 1:30  in unverhältnismäßiger und unnötiger Weise zu einer weiteren Zuspitzung der Situation. Die Beamten wiesen jegliche Kommunikationsversuche ab. Unmittelbar danach verschafften sie sich gewalttätig Zugang zum privaten Bereich.



Die Verhältnismäßigkeit der Mittel missachteten die BeamtInnen von Beginn an. Die friedlichen Gäste wurden umgeschubst, fielen über Bänke, andere wurden gegen Wände gestoßen. Auch der Hinweis, dass viele Kinder in dem privaten Bereich bereits schlafen, hinderte die Polizei nicht am gewaltsamen Eindringen. Das aggressive Verhalten führte zu einer angespannten Situation die leicht hätte eskalieren können.

Dem wiederum begegneten wir mit Kompromissbereitschaft. Ungeachtet dessen wurden auf dem privaten Gelände rechtlich fragwürdige Platzverweise an Gäste und Übernachtende ausgesprochen. Angereisten Gästen, die schlafen gehen wollten, wurde mit Gewalt der Zutritt zu ihren Unterkünften verwehrt. Auch der Zugang zum Gelände wurde unseren Gästen durch die Polizei verwehrt.

Insbesondere vor dem Hintergrund eines durchweg friedlichen Sommerfestes und seiner Gäste und unserem Kooperationswillen, wurde durch die Anwesenheit von mehr als 40 BeamtInnen, Polizeihunden und der Mobilen Aufklärungseinheit Extremismus des polizeilichen Staatsschutzes die unverhältnismäßige Überreaktion der Polizei mehr als deutlich.

Zum Zeitpunkt der versuchten Räumung wurde keine Musik mehr gespielt und Gäste unterhielten sich in Gesprächslautstärke auf dem Hof. Nach fast zwei Stunden wurde wahrscheinlich auch der Einsatzleitung die Fragwürdigkeit der Maßnahme bewusst. Die Einsatzleitung und KollegInnen verließen gegen 3:30 das Gelände ohne die Veranstaltung zu beenden.

Der indirekte Vorwurf von Seiten der Polizei, dass durch das Zusammenziehen von Einsatzkräften auf Grund des Sommerfests die Sicherheit in der gesamten Region gefährdet gewesen sei, muss im Zusammenhang des Erlebten zurückgewiesen werden. Die Polizeileitung verhielt sich durch ihre Fehleinschätzung der Lage unprofessionell und unverhältnismäßig. Besonders in der  Gewaltanwendung der BeamtInnen sehen wir eine bewusste Missachtung der Sicherheit unserer Gäste.


Sonntag, 12. Juli 2015

Leistung muss sich wieder lohnen...

Ein Gastbeitrag von Anke Lübbert auf dem Fleischervorstadtblog verwies auf eine neue Aktion des Freizeitbades, das zuletzt wegen harter Methoden beim Schwimmunterricht in der Kritik stand. Das Bad will SchülerInnen locken und verspricht: "Zeugnis an der Kasse vorzeigen! Für jede Eins wird 1,-€ vom Eintrittspreis abgezogen. Ab sechs Einsen bekommst Du freien Eintritt!"

Anke Lübbert fragt, "seit wann sich das Schwimmbad als Vollstreckungshilfe der städtischen Schulen versteht. Oder wie weit wir alle die Leistungsgesellschaft schon verinnerlicht haben."

Auch wir halten dies in mehrerer Hinsicht für kritikwürdig und nicht zuletzt auch für diskriminierend. Den SchülerInnen wird bereits in jungem Alter deutlich gemacht, dass vor allem Leistung zählt. Wie sehr müssen die Verantwortlichen das neoliberale Mantra bereits verinnerlicht haben, um auf eine solche Idee zu kommen? SchülerInnen, die sich vielleicht auch sehr angestrengt, aber leider trotzdem keine Bestleistungen (zumindest nicht auf dem Papier!) erreicht haben, werden diskriminiert und zusätzlich bestraft. Darüberhinaus gibt es Schulen in der Stadt, an denen bis in höhere Jahrgänge keine Zensuren vergeben werden. Deren SchülerInnen werden ausgegrenzt.

Wir fordern daher den amtierenden OB der Stadt als Aufsichtsratsvorstitzenden der Stadtwerke Greifswald GmbH, die das Bad betreibt und im Übrigen eine 100%ige Tochter der Stadt ist, auf, seinen Einfluss geltend zu machen und diesen diskriminierenden Vorschlag zurückzunehmen.

Ob sich die Stadtwerke auch jetzt, ähnlich wie bei den Drill-Vorwürfen, darauf berufen werden, dass nicht sie, sondern die 'Schwimmbad und Anlagen Greifswald GmbH' Betreiberin des Freizeitbades ist, werden wir sehen. Nicht nur, dass diese eine hundertprozentige Tochter der Stadtwerke ist (s. OZ vom 11.07.15, S. 10), auch auf der Homepage der Stadtwerke heißt es, zu den Dienstleistungen der Stadtwerke "zählen die [...] sowie der Betrieb des Freizeitbades".

Freitag, 10. Juli 2015

Greifswald von außen

Nicht das heimische Lokalblatt, sondern der Nordkurier schreibt - nicht über die krachende Landung eines Papiertigers auf einem Bettvorleger, sondern: über Vorpommerns wichtigste Fussmatte und deren Inaugenscheinnahme:

So eine Wahlprüfung ist eine ernste Angelegenheit: Immerhin geht es um ein hohes Gut der Demokratie, das Wahlrecht. Und doch konnten beim Vor-Ort-Termin des Greifswalder Wahlprüfungsausschusses mitunter Zweifel daran aufkommen, wie ernst die Teilnehmer die ganze Angelegenheit überhaupt nehmen. So glich die „Inaugenscheinnahme“ des Wahllokals, in dem es bei der Oberbürgermeister-Stichwahl am 10. Mai Unregelmäßigkeiten gegeben haben soll, über weite Strecken eher einem gut gelaunten Sonntagsausflug als einem Ausschuss-Termin.

[...]

Weil eine Fußmatte, die eigentlich eine der Eingangstüren des Wahllokals hätte offenhalten sollen, nicht tat, was sie sollte, war das Wahllokal am Wahltag für eine gewisse Zeit nur über einen seiner beiden Eingänge erreichbar. Die Frage ist: Könnten deswegen Wähler an der Stimmabgabe gehindert worden sein? Muss die Wahl deshalb womöglich wiederholt werden?

[...]

Nun soll jedoch zunächst der Ausschuss noch einmal alles ganz genau prüfen. Wirklich Erhellendes brachte der Vor-Ort-Termin allerdings nicht: Ja, die Tür war wohl für einen Zeitraum zwischen einigen Minuten und einigen Stunden verschlossen. [...]

[...]

Sofern die Wahl nicht wiederholt wird, könnten die Beschwerdeführer, darunter Jörg Hochheim, auch noch gegen die Wahl klagen. Das, so war aus CDU-Kreisen wiederholt zu vernehmen, werde auch sehr ernsthaft erwogen. In diesem Fall könnte die endgültige Entscheidung über den Oberbürgermeister wohl erst in Jahren fallen.

Und was macht derweil Jörg Hochheim (CDU)? Der unterlegene Kandidat, zugleich städtischer Bausenator und Vize-Oberbürgermeister, setzt seinen Wahlkampf sicherheitshalber erst einmal fort. Am Donnerstag ließ er sich per städtischer Presse-Mitteilung dafür feiern, dass in den vergangenen Wochen vier große Bauprojekte in der Stadt fertiggestellt worden sind, darunter der Museumshafen und das Mühlentor. Investitionsvolumen: Fast acht Millionen Euro.

Stefan Fassbinder, der eigentlich in diesem Monat in sein Amt eingeführt werden sollte, muss derweil abwarten. Immerhin: Bis er sein Amt antritt, kann er seinen Job als Historiker beim Pommerschen Landesmuseum weiter ausüben.


Aufruf zur Mahnwache

Das Bündnis "Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt!" und die unterzeichnenden Organisationen, Parteien, Personen und Initiativen rufen zur Mahnwache gegen die menschenfeindliche Hetze der NPD auf. Am 13.07.15 findet die nächste Kreistagssitzung in Greifswald (Kaisersaal der Stadthalle, Anklamer Straße 106) statt. Auf der TO steht ein offen rassistischer Antrag der NPD, der sich gegen sogenannte Integrationslotsen zur Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtenden richtet.
In dem Antrag heißt es u.a.: Integrationslotsen seien abzulehnen, "weil zum einen das Asylverfahren nicht dazu da ist, die Antragssteller zu integrieren, sondern deren Asylberechtigung zu überprüfen und die abgelehnten Personen zügig abzuschieben. Zum anderen gehören auch die als 'Flüchtlinge' eingestuften Ausländer in ihre Heimatländer, um diese nach der Beendigung der Bürgerkriege und sonstiger Krisen wieder aufzubauen." Und weiter: "Das können sie nicht, wenn sie in Deutschland integriert werden, falls das überhaupt möglich ist. Integrationslotsen benötigt niemand. Schon der Begriff ist lächerlich, genauso wie die ganze bunttolerante Multikulti-Phantastik."
Eine solche Hetze sollte nicht unwidersprochen bleiben. Mit der Mahnwache in der Zeit von 15:30 bis 16:00 Uhr vor der Stadthalle in Greifswald und damit vor Beginn der Kreistagssitzung wollen wir ein Zeichen gegen Menschenverachtung und für ein weltoffenes Vorpommern-Greifswald setzen. Wir rufen die demokratisch gesinnten BürgerInnen Vorpommern-Greifswalds auf, uns dabei zu unterstützen.

Bündnis „Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt!“
Alternative Liste Vorpommern-Greifswald
Bündnis 90/Die Grünen Vorpommern-Greifswald
Die Linke. Kreisverband Peene-Uecker-Ryck
Fraktion "Die Linke" im Kreistag Vorpommern-Greifswald
Greifswald Nazifrei
Initiative „Willkommen in Greifswald“
Jusos Vorpommern-Greifswald
Kultur und Initiativenhaus Greifswald e.V. „Straze“
Linksjugend.SDS Greifswald
Michael Mahlburg (Pastor St. Jacobi Greifswald, Mitglied der Landessynode)
Pfadfinderbund MV
SPD Ortsverband Greifswald
Uni ohne Nazis
Robert Wollenberg

Mittwoch, 8. Juli 2015

Entscheidung


Wie gut, dass es Schwarze Schafe und Peter gibt! +Update+

Einem Artikel in der OZ zufolge ist der Ex-Baubecon-Ortschef Rainer Winkler zusammen mit zwei Ex-Kollegen rechtskräftig durch das Landgericht in Stralsund wegen Betugs (unjuristisch formuliert) verurteilt. Das Urteil wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Nun ist es einerseits richtig, solche Fälle aufzudecken und die Handelnden zur Rechenschaft zu ziehen.

Nur sollte man sich andererseits vor Instrumentalisierungen der Schwarzen Schafe, denen man den gleichfarbigen Peter auschließlich und allein zuzuschieben versucht, hüten. Winkler war sicherlich kein "Einzeltäter". Ihm gegenüber und zur Seite stand eine städtische Bau- und Finanzverwaltung, er hatte noch mehr Mitarbeitende in der örtlichen BauBeCon, zudem gab es noch den Hauptsitz der Firma.

Von Anfang an wurde gefordert, auch städtischerseits aufzuklären, wie Betrug mit dem städtischen Sanierungsvermögen möglich werden konnte. Davon war bisher nichts zu hören; die einen schweigen sich über den Fall hinweg, die anderen werden nach oben befördert und unbelangbar.

Da ist also noch "Luft nach oben", was die Aufklärung der Umstände angeht. Hoffentlich war das Urteil des Landgerichts nicht der Schlusspunkt der Geschichte...

Update:

Hier und hier geht die Berichterstattung weiter.


Freitag, 3. Juli 2015

Politikfreier Sonntag

Entschleunigung.

Ein politikfreier Sonntag würde ebenso Mitarbeiterinnen oder auch Journalistinnen zu Gute kommen. Auch bei den parlamentarischen Geschäftsführern sei der Vorschlag auf "viel Interesse" gestoßen. Wer rund um die Uhr nur Politik mache, komme überhaupt nicht mehr dazu, die Eindrücke zu verarbeiten, so Kipping: "Das ist am Ende auch nicht gut für die Qualität der Urteile oder Entscheidungen, die wir treffen."

Ich teile die Analyse und begrüße die Initiative!

Das Problem wird allerdings sein, dass dann die Männer in den Hinterzimmern sitzen und, ohne Öffentlichkeit, Sonntags die Richtlinien der Politik für den Rest der Woche bestimmen...

Mittwoch, 1. Juli 2015

Bewertung der Einsprüche gegen die Oberbürgermeisterstichwahl in Greifswald am 10.05.2015

1. Sachverhalt Gegen die Oberbürgermeisterstichwahl am 10.05.2015 wurden drei Einsprüche erhoben. Dabei wurde jeweils beanstandet, dass das Wahllokal im Stimmbezirk 93 vorübergehend nicht zugänglich gewesen sei. Die Bürgerschaft hat dazu am 08.06.2015 einen Ausschuss zur Wahlprüfung eingerichtet.

2. Bewertungsmaßstab
2.1. juristische Bewertung durch politisches Gremium
Wenngleich die Entscheidung über Wahlprüfungsbeschwerden der Bürgerschaft als politischem Gremium obliegt, so hat eine solche Entscheidung gleichwohl nach engen juristischen Kriterien zu erfolgen. Ein politisches Ermessen ist damit im Unterschied zum üblichen Selbstverständnis des Gremiums zu verneinen.
2.2. Zuständigkeit und Interessenskonflikt
Die Zuständigkeit der Bürgerschaft für die Wahlprüfung ist mit Blick auf mögliche politische Interessen seiner Mitglieder unbefriedigend. Die Frage der Zuständigkeit liegt jedoch nicht in der Hand der Mitglieder der Bürgerschaft und muss hingenommen werden. Zumindest sollte jedoch die weitere Betrachtung in dem Bewusstsein vorgenommen werden, dass diese Konstruktion ein objektives und unbefangenes Urteil erheblich erschwert.
2.3. Persönliche Verantwortlichkeiten
Der unterlegene Bewerber Hochheim ist Teil der Administration, in deren Verantwortungsbereich die Organisation von Wahlen fällt. Dieser Umstand ist allerdings bestenfalls interessant, aber ansonsten irrelevant.
2.4. Ausschluss sachfremder Kriterien
Die Durchführung von Wahlen und die Wahlprüfung sind Kernbereiche der repräsentativen Demokratie und damit sensible Angelegenheiten, die sich deswegen Launen und persönlichen Präferenzen zu entziehen haben. Die Wahlprüfung muss insbesondere den Anspruch erfüllen, dass die Bürgerinnen und Bürger auf das Funktionieren der demokratischen Institutionen und Abläufe vertrauen können. Notwendig ist daher, persönliche Sympathien und Antipathien sowie die damit verbundene Emotion nicht in die Beurteilung einfließen zu lassen. In diesem Zuge sind sämtliche sachfremden Argumente, die an Emotionen appellieren oder Gegenstände der inhaltlichen Auseinandersetzung anführen, zurückzuweisen.

3. Bewertung
3.1. Sachdarstellung
Die Beschlussvorlage 06/361 der Bürgerschaftssitzung vom 08.06.2015 nimmt Stellung zum Vorwurf mangelhafter Wahldurchführung im Stimmbezirk 93. So sei dort der als Zugang für das Wahllokal 93 gekennzeichnete Nebeneingang des Gebäudes im Ernst-Thälmann-Ring zeitweilig verschlossen gewesen. Nach einem entsprechenden Hinweis sei der ordnungsgemäße Zustand unverzüglich wieder hergestellt worden. Ein Bürger gab an, vor verschlossener Türe gestanden zu haben. Er habe seine Stimme jedoch zu einem späteren Zeitpunkt abgeben können. Für einen begründeten Einspruch nachzuweisen ist allerdings eine mögliche Beeinflussung des Wahlergebnisses. Verlangt wird dabei eine nach der Lebenserfahrung konkrete und in greifbare Nähe gerückte Möglichkeit.
3.2. Prüfung der Ergebnisrelevanz
3.2.1. Relevanzkriterien
Für die Frage der Relevanz ist durchaus von Belang, dass das Ergebnis der Stichwahl am 10. Mai mit einem Abstand von 15 Stimmen zwischen beiden Bewerbern knapp war. Eine Relevanz wäre damit bereits dann gegeben, wenn durch den in Rede stehenden Mangel 15 Wählerinnen und Wähler mehr an der Wahl des Bewerbers Hochheim als an der Wahl des Bewerbers Dr. Fassbinder gehindert wurden.
3.2.2. Gründe, die für eine mögliche Beeinflussung des Wahlergebnisses sprechen
3.2.2.1. Behauptung eines Wählers, im Stimmbezirk 93 vor verschlossener Türe gestanden zu sein
Ein Wähler gab an, dass der gekennzeichnete Eingang zum Wahllokal im Stimmbezirk 93 gegen 11 Uhr verschlossen gewesen sei.
3.2.2.2. Angabe seitens des örtlichen Wahlvorstandes
Der örtliche Wahlvorstand bestätigte eine kurzzeitige versehentliche Schließung des Eingangs, welche nach Bekanntwerden unverzüglich aufgehoben wurde.
3.2.3. Gründe, die gegen eine mögliche Beeinflussung des Wahlergebnisses sprechen
3.2.3.1. Heilung des Mangels im konkreten Fall
Der Beschwerde führende Wähler selbst konnte seine Stimme zu einem späteren Zeitpunkt noch abgeben. Der in Rede stehende Vorfall ereignete sich mehr als sechs Stunden vor Schließung der Wahllokale.
3.2.3.2. Alternative Zugänglichkeit
Das Gebäude besitzt zwei weitere Eingänge, die auch von Wählerinnen und Wählern genutzt wurden. Der in der Sachdarstellung beschriebene Terasseneingang ist zudem weithin einsehbar. Darüber hinaus befindet sich am gekennzeichneten Eingang eine Klingelanlage. Auf diese Alternativen angewiesen zu sein ist zwar im konkreten Fall ärgerlich, nicht aber in einer Weise unzumutbar, dass deswegen von einer bedeutenden Behinderung an der Wahlteilnahme gesprochen werden könnte.
3.2.3.3. Fehlen weiterer konkreter Fälle
Der Einspruch ist seit einigen Wochen öffentlich bekannt und wurde in lokalen Medien beschrieben. In der Zwischenzeit gab es keine weiteren Meldungen von Wählerinnen und Wählern aus dem Stimmbezirk 93, sie wären an der Stimmabgabe gehindert worden. Die in der Sachdarstellung ausgeführte Einschätzung seitens des örtlichen Wahlvorstandes, wonach die Beeinträchtigung nur von kurzer Dauer war und es keinen Bruch der Wahlhandlung gegeben habe, erscheint demnach plausibel.
3.2.3.4. Erforderliche Wählerverschiebungen
Ein Vergleich der Ergebnisse zwischen dem ersten Wahlgang und der Stichwahl weist aus, dass der Bewerber Hochheim in keinem Urnenwahlbezirk am 10.05. mehr Stimmen erhalten hat als am 26.04. Für ein um 15 Stimmen höheres Ergebnis im Stimmbezirk 93 wäre dort jedoch ein Stimmenzuwachs erforderlich gewesen. Ein statistischer Ausreißer dieser Art und im erforderlichen Umfang ist zwar nicht auszuschließen, aber sehr unwahrscheinlich.
3.2.4. Abwägung
Auf Basis der oben dargestellten Argumente ist nun zu entscheiden, ob die geforderte Ergebnisrelevanz vorliegt.
3.2.4.1. Stichhaltigkeit
Bei denjenigen Argumenten, die zu Gunsten eines erheblichen Mangels anführt werden, wird der Aspekt der möglichen Ergebnisrelevanz nicht explizit hervorgehoben. Zudem fehlt eine nachvollziehbare Aussage dazu, inwieweit ein Zugang zum Wahllokal definitiv nicht in einem zumutbaren Rahmen möglich war. Die Ergebnisrelevanz ist insofern gemäß der weiteren Erkenntnisse zu beurteilen.
3.2.4.2. Wertung der angeführten Argumente
Eine kurzzeitige Schließung des gekennzeichneten Eingangs zum Wahllokal im Stimmbezirk 93 wird nicht bestritten. Ferner gab es jedoch weitere nicht gekennzeichnete Zugänge zum Gebäude, insbesondere die Nutzung des Terasseneingangs stand hingegen als naheliegende Alternative zur Verfügung, auch vor dem Hintergrund der in Großwohnsiedlungen üblichen Architektur. Es ist kein Fall bekannt, nach dem eine Bürgerin oder ein Bürger tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre, am 10.05. ihre oder seine Stimme abzugeben. Der im einen beschriebenen Fall offenbar eingetretene Mehraufwand ist zwar für den Betroffenen ärgerlich, besitzt jedoch keine Ergebnisrelevanz, da hier letztlich keine Stimmabgabe verhindert wurde. Eine Schließung von bedeutender Dauer kann nicht nachgewiesen werden. Um die Möglichkeit einer Ergebnisrelevanz gemäß den Maßstäben der allgemeinen Erfahrung zu befürworten, reichen die bestätigten Unregelmäßigkeiten nicht aus. Das gilt umso mehr, da die statistische Unwahrscheinlichkeit eines für die Annahme der Relevanz notwendigen aus dem Gesamttrend herausfallenden Teilergebnisses Teil dieser Maßstäbe ist.
3.2.4.3. Schlussfolgerung
Nach Betrachtung und Würdigung des Sachverhaltes und seiner Einzelaspekte ist mithin davon auszugehen, dass es eine Unregelmäßigkeit in der Wahldurchführung im Stimmbezirk 93 gegeben hat. Für die Möglichkeit einer Ergebnisrelevanz können jedoch keine hinreichenden Belege angeführt werden.
3.3. Weitere Aspekte
Die Möglichkeit einer Wahlwiederholung, sei es in der ganzen Stadt oder im Gebiet des betroffenen Briefwahlbezirks, wirft weitere Fragen und Probleme auf. Sie beeinflussen zwar nicht die juristische Wertung im engeren Sinne, behandeln aber den einleitend angesprochenen Aspekt des Vertrauens in die Institutionen und sind daher wenigstens in einem weiteren Sinne bedeutsam.
3.3.1. Voraussetzungen einer Wiederholungswahl
Eine Wiederholungswahl wird nie unter den gleichen Voraussetzungen und Umständen stattfinden können wie die eigentliche Wahl. Ein anderer Wahltermin hat gerade in einer Stadt hoher Mobilität Einfluss auf die Zusammensetzung des Elektorats. Eine Wiederholungswahl begünstigt im Zweifel auch denjenigen Bewerber mit den größeren materiellen Ressourcen.
3.3.2. Amtsbonus
Im Raum steht zudem die Frage der kommissarischen Amtsführung im Zeitraum einer möglichen Vakanz des Oberbürgermeisteramtes. So könnte der scheidende Oberbürgermeister Dr. König auf die die Ausübung der Funktion eines Amtsverwesers zu Gunsten seines ersten Stellvertreters Hochheim verzichten. Die Möglichkeit, dass im Falle einer Wiederholungswahl durch entsprechend zielgerichtetes Vorgehen der Bewerber Hochheim mit einem Amtsbonus antritt, ist daher nicht von der Hand zu weisen.
3.3.3. Motivation
In Anbetracht dessen, dass bei den beschriebenen Unregelmäßigkeiten in einem Wahllokal die Möglichkeit einer Ergebnisrelevanz nicht nachgewiesen werden kann, muss mithin die Frage erlaubt sein, ob hier nicht ein Konstrukt vorliegt, mit dem eine Entscheidung aus sachfremden Motiven herbeigeführt werden soll. Es muss an dieser Stelle daher wiederholt werden, dass ein Handeln aus solchen Motiven nicht im Ermessen der Wahlprüfung liegen darf. Anderenfalls droht ein schwerwiegender Vertrauensverlust gegenüber den demokratischen Institutionen.

4. Ergebnis
4.1. Sachliche Bewertung
Der Einspruch gegen die Gültigkeit der Oberbürgermeisterstichwahl ist unbegründet.
4.2. Vergleichende Bewertung
Der Verdacht, mithilfe des Einspruches sollten Tatbestände fingiert werden, um in einer Wiederholungswahl ein anderes Wahlergebnis herbeizuführen, ist wenigstens plausibler als die im Einspruch genannten Argumente.
4.3. Konsequenz
Der Einspruch ist zurückzuweisen.