Mittwoch, 23. September 2015

Wenn Du geschwiegen hättest, Axel Hochschild

Nachtrag zur Nazi-Demo am 21.09.15 in Greifswald

Die OZ berichtet heute auf der überegionalen Titelseite über die Nazi-Demo in Greifswald. Online ist der Artikel hier zu finden. Darin heißt es: "Mehrere Lokalpolitiker kritisieren nun das Verhalten der Polizei (siehe Lokalteil). Die Beamten hätten nachweislich Stunden vorher von dem Aufmarsch der Rechten gewusst und nicht angemessen reagiert."

Dieser Verweis auf den Artikel im Lokalteil geht online allerdings ins Leere, da dieser online nicht zu finden ist, auch nicht als Bezahlartikel. Dabei ist er nicht uninteressant.

Denn unabhängig von der dort geschilderten Kritik am Polizeieinsatz kommt auch CDU-Frontsmann Axel Hochschild zu Wort. Auszug:

Axel Hochschild, [...], war zwar nicht auf dem Platz. Er nahm den Protest aber in unmittelbarer Nähe wahr: "Die einen leben Willkommenskultur, stehen mit Winkelelementen am Münchner Bahnhof und begrüßen Asylbewerber. Die anderen machen sich Sorgen, dass Deutschland diese riesige Aufgabe niemals alleine schultern kann, so Hochschild. Er nehme diese Ängste sehr ernst und finde es "wenig hilfreich, die Menschen als 'Pack' zu bezeichnen". Meinungsfreiheit sei ein sehr hohes Gut, so der CDU-Mann.

Jemand meinte heute, dass wir die "Sorgennazis" (Robert Gabel) nicht so schnell los werden würden, es sei denn, die CDU rücke weit nach rechts. Diese Einschätzung trifft leider nicht zu, da die CDU dort schon längst angekommen zu sein scheint und wir trotzdem die besorgten BürgerInnen am Hals haben. Axel Hochschild nimmt also die sich im Hitlergruß äußernden Ängste der Nazis auf dem Markt ernst? Und das hohe Gut der Meinungsäußerung zeigt sich nach Hochschilds Ansicht im Tragen eines Teleskopschlagstocks? Rassistische Parolen sind geäußerte Sorgen? Ich fasse es nicht, monatelange Aufklärung über das wahre Gesicht der Wutbürger gehen spurlos an Hochschild vorbei.

Vielleicht wird er sich damit rausreden, dass er nicht auf dem Platz war. Aber dann wäre es besser gewesen zu schweigen.
Um Missverständnissen vorzubeugen, ich wollte mit dem Zitat in der Überschrift nicht behaupten, dass Hochschild ohne diese Äußerungen heute Philosoph geblieben oder geworden wäre.

Eine gute Schilderung der Ereignisse am Montag findet sich hier.


Mittwoch, 16. September 2015

Greifswalder CDU ungewohnt selbstkritisch

Nach der heftigen Kritik (z.B. hier und hier) an der Position der Greifswalder CDU zur Gerichtsstrukturreform (siehe die Pressemitteilung „Greifswald gehört zu den Gewinnern! Gerichtsstrukturreform stärkt die Hansestadt“ vom 31.08.15) zeigt die CDU eine bisher nicht gekannte Form der Selbstkritik. Sie hat wohl eingesehen, dass die Kritik nur "zum Teil völlig unsachlich" war und ist. Die CDU spricht von Leere und Uneinigkeit, von destruktivem Gedankengut und vom Denken nur bis zur eigenen Wahlkreisgrenze in ihren Reihen.

So heißt es in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung:
"Da wird scheinbar nur bis zur eigenen Wahlkreisgrenze gedacht, darüber hinaus bleiben Leere und Uneinigkeit. Der Eine spricht stetig gegen Anklam und damit gegen [...]"

Weiter heißt es:
"Ich hoffe wirklich, dass [sie] nun endlich wieder zur Sachlichkeit zurück findet und ihre persönlichen Querelen nicht auf dem Rücken der Anklamer Bürgerinnen und Bürger austrägt."

Und:
"Wir als CDU werden an diesem Wochenende auf unserer Klausurtagung beraten, wie wir Anklam als Standort stärken können [...]. In der derzeitigen Situation sind zielführende und hilfreiche Vorschläge wichtig, nicht destruktives Gedankengut, das einen Teil der Region gegen den anderen ausspielt."

Sollte dies wirklich die Haltung der CDU widerspiegeln und nicht rein taktisches Kalkül sein, besteht Hoffnung.

Donnerstag, 3. September 2015

Die Greifswalder CDU und eine "hässliche Fratze"

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Hier hatten wir über die CDU-Hochschild-Pressemitteilung vom 31.08.15 zur Gerichtsstrukturreform berichtet. Darin werden die angeblichen Vorteile der Reform für Greifswald gefeiert und Justizministerin Kuder auf Knien gedankt. Im selben Blogbeitrag hatten wir die Reaktionen, die der Nordkurier eingefangen hat, kurz skizziert.

Insbesondere die dort geäußerte, "zum Teil (!) völlig unsachliche", Kritik hat nun Axel Hochschild zu einer Reaktion genötigt. In der heutigen Pressemitteilung heißt es:

"Erschreckend ist das „Niveau“ der Äußerungen des Anklamer Bürgermeisters Galander . Tiefer kann man sich doch nicht mehr begeben. Da ist von einer „häßlichen Fratze der Greifswalder CDU-Politiker“ [...] die Rede, ...". Dieses angebliche Zitat Galanders (den ich ausnahmsweise in Schutz nehmen muss, auch wenn´s schwer fällt) ist falsch und könnte, wenn Galander nicht den Wahrheitsbeweis erbringt, eine Beleidigung darstellen. Galander sprach aber laut Nordkurier von der "hässlichen Fratze im Denken der Greifswalder CDU-Politiker", die ungeschönt zum Vorschein käme. Das ist schlicht und ergreifend etwas anderes.

Außerdem beklagt sich Hochschild darüber, dass die Kritiker seine PM nicht richtig gelesen hätten. Hochschild: "Liest man die PM  einmal vollständig und unvoreingenommen, so ist klar zu erkennen, dass darin auch Verständnis für diejenigen mitgeteilt wird, welche eben nicht zu den Gewinnern, sondern zu den Verlierern der Reform gehören. Und dieses Verständnis ist in keiner Weise geheuchelt, sondern ehrlich vorhanden."

Schauen wir uns die einzige Passage in der PM vom 31.08.15, die sich mit den Verlieren der Reform beschäftigt, noch einmal an:
"Dass Bürger in Städten, in denen die Amtsgerichte geschlossen oder zu Außenstellen anderer Gerichte herabgestuft werden, hierüber nicht glücklich sind, darf aber nicht dazu führen, dass wir in Greifswald offenbar vergessen, dass gerade in unserer Stadt viele Menschen die positiven Auswirkungen für Greifswald spüren werden."

Wo bitte schön ist dort, außer der Beschreibung, dass gewisse Bürger nicht glücklich sein könnten, etwas von Verständnis zu lesen oder zu erahnen? Diese Dreistigkeit der Interpretation spricht für sich.

Michael Sack (CDU): „Die Situation ist deutlich komplexer als Herr Hochschild sie sieht“

Ich glaube, Axel Hochschild hat mit seiner Kirchturm-Pressemitteilung zur Gerichtsstrukturreform weder sich noch der Greifswalder CDU noch der Stadt Greifswald einen Gefallen getan (René Weller sollte man dabei nicht vergessen...).

Ein Artikel im Nordkurier listet auf:

Anklams Bürgermeister Michael Galander sieht eine "häßliche Fratze im Denken".
Mignon Schwenke, die Kreis-Vorsitzende der Linkspartei, nennt Hochschilds Äußerungen „dümmlich und kleinkariert".
Vorstandsmitglied der Grünen Marie Bonkowski ist "erschüttert".
Nach Anklams CDU-Stadtvertreter Bernd Wieczorkowski ist Hochschild "eindeutig zu weit gegangen".
CDU-Kreisfraktionschef Kai Krohn ist "nicht glücklich über diese Äußerungen. Es ist schlechter Stil, zulasten anderer zu jubeln.“
Wir wurden nicht gefragt, und die SPD ist mittlerweile sowieso eine Quantité négligeable.



Ohne Worte


Mittwoch, 2. September 2015

Es geht auch ohne Gerüchtetratsch und "Bereutes Wohnen"

Die Berichterstattung über das Diskussionsergebnis im Wahlprüfungsausschuss in der heutigen OZ war erfreulich nüchtern, informativ und gut zu lesen. Nach dem Lesen des Artikels war die Leser_in auf der Höhe der Zeit.

Kein Weitergetratsche ungeprüfter Gerüchte, kein reißerischer Unsinn, keine Stilblüten, kein verwurschtelter Satzbau, keine halbverstanden wiedergegebenen Sachverhalte, keine orthographischen, orthogrammatischen, Tipp- und Kommafehler -

möge die Urlaubszeit in der Redaktion noch lange währen!




Pressemitteilung zum Ergebnis der Diskussion im Wahlprüfungsausschuss

Pressemitteilung des Vorsitzenden des Wahlprüfungsausschusses Prof. Wolfgang Joecks:

Der Wahlprüfungsausschuss der Greifswalder Bürgerschaft, der mit der Prüfung von Vorkommnissen bei der OB-Stichwahl am 10. Mai 2015 beauftragt worden war, hat in seiner Sitzung am Montagabend einstimmig festgestellt, dass es im Wahlbezirk 093 zu einem Wahlfehler gekommen ist, weil die als solche gekennzeichnete Eingangstür zum Wahllokal etwa 90 Minuten verschlossen war. Eine Auswirkung des Wahlfehlers auf das Wahlergebnis hat der Ausschuss nicht gesehen; er hält den Verstoß mehrheitlich für nicht erheblich und schlägt der Bürgerschaft vor, die Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zurückzuweisen.
Sollte die Bürgerschaft dies anders sehen und den Einsprüchen stattgeben, ist zugleich anzuordnen, in welchem Umfang die Stichwahl zu wiederholen ist. Da es hierzu unterschiedliche Meinungen im Ausschuss gibt, hat der Ausschuss die Verwaltung der Universitäts- und Hansestadt gebeten, insofern an das als Rechtsaufsicht fungierende Innenministerium heranzutreten, um dessen Rechtsauffassung – auch zur Erheblichkeit des Wahlfehlers – zu erfragen. Der Ausschuss geht davon aus, dass die Einschätzung des Innenministeriums zeitnah vorliegen wird, so dass dann die Bürgerschaft in ihrer Sitzung am 28. September 2015 eine endgültige Entscheidung über die Einsprüche treffen kann.


Dienstag, 1. September 2015

Zur Diskussion: "Mit der Lüge vom nachhaltigen Wachstum hält die Green Economy alle bei Laune, die sich nicht einschränken wollen - also uns"

Die Devise: kein Verzicht, keine Einschränkungen, Ende der Schuldgefühle

Glaubt man grünen Technik-Aposteln, dauert es nicht mehr lange, bis man guten Gewissens zum Wochenend-Shopping nach New York fliegen kann. Denn das Flugzeug fliegt mit Treibstoff aus Algen und die Sitzbezüge werden essbar sein. Man kann sie eines Tages vielleicht sogar mit Vitaminen anreichern und den Armen servieren - samt gentechnisch verändertem Beilagensalat, der einen Impfstoff gegen Tropenkrankheiten enthält. Der Armut entronnen, werden sie mit Elektro-Autos aus ihren Hüttendörfern hinausbrummen, die bloß Plantagen für nachwachsende Rohstoffe den Platz wegnehmen, hinein in die Wohnanlage aus Passivhäusern mit Solarstrom und Dachgewächshaus.
Diese Öko-Science-Fiction stammt nicht aus "Daniel Düsentriebs Geheimnotizen". Es sind die Visionen von Ingenieuren, Konzernen, Politikern, reichen Weltrettern wie Bill Gates oder Pharrell Williams, und dem Verfahrenstechniker Michael Braungart. Der hat mit dem US-Designer William McDonough das "Cradle-to-Cradle"-Prinzip erfunden, demzufolge alle Produkte wieder vollständig in den Stoffkreislauf zurückkehren können. Wir müssen also nicht weniger produzieren, sondern eher mehr - aber in technischen und biologischen Kreisläufen. Der Mensch soll sich nicht mehr als Schädling verstehen, sondern als Nützling, der mit seinem Konsumverhalten etwas Sinnvolles tut.

So steht es heute in der SZ - der Artikel ist provokant genug, um einmal intensiv darüber zu sprechen!


Die Meldung des Tages für Nazis, Pegidas und AfDler!