Es ändert sich gerade was

Beim Lesen der heutigen online-Ausgabe der OZ fiel mir dieser Artikel ins Auge. Die Reaktionen sind schematisch und daher langweilig: Autos sind viel gefährlicher, keine Abzocke, und was dergleichen Plattitüden und automatische Reaktionen mehr sind.

Dass die Dinosaurier aus abgelegten Zeiten, die Autos, immernoch den Verkehr und die Verkehrsplanung beherrschen, ist leider festzustellen. Noch immer gibt es die von der Autoindustrie implementierte Hirarchie in den Köpfen der Verkehrsteilnehmenden, vor allem derer mit Auto: Oben stehen Autos. Dann folgen Autos, dann Autos - und dann das übrige, den Verkehr störende und aufhaltende Kroppzeug wie z. B. Fußgehende und Radfahrende. Und so verhalten sich auch viele, noch immer zu viele autofahrende Verkehrsteilnehmende. Man kann es minütlich in Greifswalds Straßen beobachten. Betonhirne.

Und die begegnen dann jungen Küken, die noch nicht begriffen haben, dass Mama Ente nicht mehr vornewegfährt, und z. B. auf dem Rad ihren fb-account checken; die es nicht nötig haben, Handzeichen zu geben, wenn sie abbiegen wollen; die in der stark bevölkerten Einkaufsstraße unbedingt noch mit dem Rad fahren müssen; die auf dem Fussweg fahren (selbst entlang einer Fahrradstraße); die konsequent auf der linken Seite fahren (sogar auf der Straße!), auch wenn rechts ein Radweg ist; die den noch schwächeren, den Fußgehenden, den Raum abspenstig machen; die ihr Fahrrad hirnlos abstellen, auch wenn Menschen mit Rollstuhl, Kinderwagen oder Rollator sich dann nicht mehr bewegen können; die ohne Licht fahren; die im Pulk an der Ampel starten und weiterfahren und jeglichen Widerstand plattmachen - mit einem Wort: sich in keiner Weise besser verhalten als Autofahrende. Man kann es minütlich in Greifswalds Straßen beobachten. Junge Betonhirne.


Eine neue Verkehrspolitik ist nötig. Eine andere Infrastruktur, denn nur diese liegt in den Händen der Stadt und der Bürgerschaft. Weg von der Dominanz des Autos sollte an oberster Stelle stehen, und jede Maßnahme, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs* befördert, ist zu planen und umzusetzen. Manchmal ist es die Trennung der Verkehrsarten, manchmal die bewußte Vermischung - Standardlösungen gibt es nicht. Das dumme und asoziale Verhalten der Verkehrsteilnehmenden kann eine Stadt, kann eine Bürgerschaft nur in geringem Umfang beeinflussen. Aber die Voraussetzung dafür schaffen, dass dumme und asoziale Verkehrsteilnehmende nicht das Verkehrsgeschehen bestimmen, dafür kann die Verkehrsplanung eine Menge tun!

Trotz farblicher Voraussetzungen sehe ich davon in Greifswald noch nicht viel - im Gegenteil.

*§ 3 (1) der Seeschifffahrtsstraßenordnung: "Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet und dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird."

Ausschnitt aus einem Bild auf dem Fleischervorstad-Blog