Ganz viel Frieden, Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit

wird samstags auf dem Greifswalder Markt beschworen. Corona-Leugner oder -Kritiker treffen sich in der Regel jeden Samstag um 15:00 Uhr auf dem Markt, um gegen die vermeintliche Einschränkung ihrer Grundrechte und der Demokratie zu demonstrieren.

Die Versammlung (hier zu finden) schreibt und spricht viel über Grundrechte, Meinungsfreiheit und Demokratie. Sie hat auch eine Volksinitiative ins Leben gerufen (hier), mit zahlreichen Forderungen an den Landtag bzw. die Landesregierung MV.

Fun fact: Ungeachtet der unaufhörlich beschworenen Werte muten die Forderungen eher seltsam an. So heißt es in dem Text der Initiative u.a.:

"Der Landtag wird aufgefordert, die Landesregierung zu beauftragen [...] die Bundesregierung zu zwingen, auch die Grundrechte – geregelt im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland – uneingeschränkt wieder in Kraft zu setzen".

Da soll also ein Verfassungsorgan eines Landes ein Verfassungsorgan des Bundes zu etwas "zwingen". Erstens stellt sich die Frage wie, zweitens hat ein solcher Zwang (militärisch durchsetzbar?) wenig mit Demokratie zu tun.

Weiter heißt es:

"Der Landtag wird aufgefordert, die Landesregierung zu beauftragen [...]den Begriff der „Pandemie“ in Bezug auf den Coronavirus erst wieder nach Klärung aller Fragen anzuwenden".

Was bitte schön hat es mit Meinungsfreiheit und Demokratie zu tun, wenn Begriffe parlamentarisch vorgegeben bzw. verboten werden sollen?

Wenn dann noch von Mitdemonstrierenden Impfpässe mit Judensternen und der Mund-Nasen-Schutz mit einem Maulkorb gleichgesetzt werden oder Corona (gemeint waren wohl Corona-Maßnahmen) mit dem Faschismus verglichen werden, dann hat das nichts mit berechtigter Kritik, sondern nur mit mindestens Geschichtsvergessenheit, wenn nicht noch Schlimmerem, zu tun. Von den Organisatoren wurden diese Leute zumindest nicht gehindert. Aber vielleicht verstehen sie ja das unter Meinungsfreiheit.

Vielleicht schafft es die Initiative mal zu erklären, welche Verfassungen oder Rechte außer Kraft gesetzt wurden. Und zwar unrechtmäßig oder unverhältnismäßig. Sicherlich gab es einige zweifelhafte Entscheidungen der Gesetz- oder Verordnungsgeber, es spricht aber eher für ein funktionierendes Gemeinwesen, wenn unabhängige Gerichte dies richtig- und klar stellen und Verordnungen kippen, wie z.B. das OVG Mecklenburg-Vorpommern in dieser Entscheidung.


                                         Screenshot der Seite 'greifswald-corona.de' 14.05.2020

Kommentare

  1. Hallo und danke für den Artikel, der einige sachliche Fehler und Vermutungen beinhaltet. Als Mitorganisator der Demo frage ich mich, wann der Autor dieses Textes mit dem Demo Team oder der VI gesprochen hat? Der Autor beschreibt diese Initiative in der Ostsee-Zeitung auch als demokratiegefährdend, ohne das wirklich zu begründen, oder mit den Initiatoren gesprochen zu haben. Also das Abhalten einer Demo, um eine Meinung kundzutun wird hier als demokratiegefährdend bezeichnet. Außerdem ist die Demo losgelöst von der VI und hat ihr gegenüber Solidarität ausgesprochen. Keiner der Initiatoren leugnet den Virus und es sind keine "vermeintlichen Einschränkungen", sondern wochenlange tatsächliche Einschränkungen vieler Grundrechte. Diese heißen Grundrechte, da es eine außerordentliche Gefahr bräuchte, um diese punktuell und temporär einzuschränken. Diese Maßnahmen und vor allem deren Verhältnismäßigkeit sollen und müssten gut begründet sein und für diesen Dialog nutzen wir unsere Grundrechte. Diskurs über Maßnahmen, die das Leben aller Menschen einschränken ist wichtig und wir sind offen für ein Gespräch über andere Ansichten. So eine Initiative, wie hier zu lesen, ohne Gespräch und Dialog zu verunglimpfen und mit Schlagwörtern zu versehen, scheint mir vorschnell, unsachlich und wenig respektvoll. In dem Artikel steht kein Wort über die Dutzenden - Hunderten internationaler Experten, die sich dieser Kritik anschließen. Auch kein Wort dazu, dass wir viele Infomaterial in Form von Zitaten und Grafiken zur Verfügung stellen, damit sich Menschen ein Bild machen können. Es fehlen unter anderem auch die Erwähnung, dass Kinder- und Allgemeinärzte, Heilpädagogen, Biologen und Umweltbildner auf der Demo gesprochen haben und die Initiatoren sich stark um Dialog bemühen und auf allen Aufstellern auf die Wichtigkeit von Grund- und Menschenrechten hinweisen und sich für eine Wertschätzung allen Lebens aussprechen. Die AFD hat übrigens unseren Platz ergattert, was wir ärgerlicherweise nicht verhindern konnten, so dass wir kommenden Samstag um 13:00 auf dem Fischmarkt sind und jeden dazu einladen, vorbei zu kommen, ins Gespräch zu kommen und sich selber ein Bild zu machen. Fernab von Vorverurteilung, Unterstellung und Vermutungen wäre es doch toll, gemeinsam zu besprechen, inwiefern die Corona-Maßnahmen verhältnismäßig, da diese Maßnahmen Menschenleben kosten. Es gibt bereits einen Operationsstau von mehreren Tausend OPś, Berliner Pathologen berichten von ungewöhnlichen Suiziden aufgrund von Corona-Angst. Nicht zu zählen ist wahrscheinlich der Anstieg häuslicher Gewalt, Gewalt gegenüber Frauen und Kindern. Dazu kommen Therapieausfälle für Menschen in Not, Vereinsamung alter Menschen und natürllich existenzielle Not durch Jobverlust für Hunderttausende Menschen. Diese Kollateralschäden müssen in die Abwägung von Maßnahmen mit einbezogen werden und es gibt mittlerweile eine sehr große Gruppe von Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, die diesen Dialog fordern.
    Kommt also gern vorbei.
    Liebe Grüße

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