Wider das bloße Stühlerücken auf der Titanic

Der international renommierte Umweltexperte Michael Braungart ruft zu einem „Boykott des Grünen Punktes“ auf. Sein Ziel dabei: die Hersteller von Kunststoffen zu einem umweltfreundlicheren Design ihrer Produkte zu zwingen.
„Wir sollten alles ausgediente Plastik dorthin wieder zurückbringen, wo wir es eingekauft haben. Also Joghurtbecher nicht in den gelben Sack und Altkleider nicht in den Container werfen, sondern massenhaft zurück in den Laden bringen“, sagte er der FR.
Er sei sich sicher, dass dann „schnell gesunde und umweltfreundliche Produkte entwickelt sowie Recycling- und Kompostiersysteme" für biologisch abbaubares Plastik eingerichtet würden, die ihren Namen verdienen“, sagte der Chemiker und Verfahrenstechniker.
Braungart ist nicht irgendein Experte. Mit dem US-Architekten William McDonough entwickelte er in den 1990er Jahren mit „Cradle to Cradle“ (C2C, „Von der Wiege zur Wiege“) ein Konzept für nachhaltiges Produktdesign. Er wurde unter anderem mit dem „Hero of the Planet Award“ des „Time Magazine“ ausgezeichnet. Er lehrt an den Universitäten in Lüneburg und Rotterdam und ist Geschäftsführer des Umweltinstituts EPEA in Hamburg
steht in der heutigen Frankfurter Rundschau (FR). Und weiter:
Die EU hat eine Plastikstrategie aufgelegt – für weniger Plastikmüll und mehr Recycling. Ein positives Signal?
Wieder ein Fall von Alibigesetzgebung. Die EU-Kommission will Plastikstrohhalme, Wattestäbchen und Einweggeschirr verbieten und die Menge an Plastiktüten soll bis 2025 von 200 auf 40 pro Kopf in der EU gesenkt werden. Das ist wie Stühlerücken auf der Titanic. Es muss doch darum gehen, das Material zu entgiften. In Kunststoffen werden heute insgesamt 600 problematische Stoffe eingesetzt, die EU hat gerade 64 davon verboten. Hier muss man ansetzen.
Was tut die Bundesregierung, um das Plastikproblem zu lösen?
Sie ist weitgehend abgetaucht.
Was kann der Verbraucher tun? Früher forderten die Umweltschützer: Jute statt Plastik.
Plastik zu verteufeln, ist Unsinn. Kunststoffe sind, richtig gemacht, ein hervorragendes Material, das unser Leben verbessert. Um das Umdenken in der Chemiebranche und in der Politik voranzutreiben, plädiere ich für einen Boykott des Grünen Punktes. Wir sollten alles ausgediente Plastik dorthin wieder zurückbringen, wo wir es eingekauft haben – also Joghurtbecher nicht in den gelben Sack und Altkleider nicht in den Container werfen, sondern massenhaft zurück in den Laden. Ich wette: Dann werden schnell gesunde und umweltfreundliche Produkte entwickelt sowie Recycling- und Kompostiersysteme eingerichtet, die ihren Namen verdienen.
Also: Die geliebten Becher des Coffee to go nicht mehr in den städtischen Mülleimer, sondern zurück in den Laden! Fragt sich bloß, warum man ihn dann überhaupt erst kaufen sollte.

So ganz ohne ein bißchen Intelligenz und soziales Denken läuft Umweltschutz eben auch nicht...



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