Nachhaltige Landwirtschaft II

Offener Brief
an die Mitglieder der Bürgerschaft
der Hanse- und Universitätsstadt Greifswald

Greifswald, 1.7.2018

Sehr geehrte Frau Socher,

sehr geehrte Mitglieder der Bürgerschaft,

sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Fassbinder,

in Ihrer Sitzung am 2.7.2018 steht eine Abstimmung zur „nachhaltigen Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen“ im Besitz der Universität und Hansestadt auf der Tagesordnung. Die
Unterzeichner begrüßen sehr, dass sich die Bürgerschaft diesem wichtigen Thema annehmen und
Stadtverwaltung im Dialog mit Landwirten (Pächtern) einen Vorschlag entwickelt haben. Vorgeschlagene Aktivitäten wie Fachberatung, runde Tische, Entwicklung von Umsetzungsmaßnahmen für Artenschutz sind dabei sehr unterstützenswert.
Doch bleibt die Beschlussvorlage, in der vorliegenden Form, diesbezüglich viel zu unverbindlich und
damit hinter bereits existierenden Praxismodellen in Deutschland zurück.
Laut Vorlage wird Glyphosat nicht gebannt, sondern kann freiwillig reduziert werden; Vergabekriterien, die zu mehr Beschäftigung führen, fehlen gänzlich; die gute fachliche Praxis – Standard der aktuellen Landwirtschaft mit seinen Problemen wie Bienensterben und Grundwasserbelastung – werden als Greifswalder Standard anerkannt.
Wir brauchen mehr Engagement, als einen intern ausgehandelten Minimalkonsens, der zudem
ausschließlich auf Freiwilligkeit beruht und mit dem Gefahr gelaufen wird, den Status quo zu
zementieren.
Die Frage, die gestellt werden muss lautet: Wie wollen wir in Zukunft mit unserem Land umgehen?
Gemeinsam Antworten auf diese Frage zu finden und dabei Anreize und Pflichten für Pächter und
Verpächter festzuschreiben ist an der Zeit.
Greifswald ist nicht nur Mitglied bei „Kommunen für biologische Vielfalt“, sondern seit diesem Monat auch „nachhaltige Stadt“ der UNESCO. Eine nachhaltige Landwirtschaft - sozial für BürgerInnen, gut für Landschaft und Biodiversität und auskömmlich für Landwirte – klar zu definieren und mit Umsetzungskriterien zu untersetzen, ist damit das Ziel.
Denn: es geht dabei um mehr als eine eventuelle, freiwillige Reduzierung von Glyphosat. Es geht um
eine notwendige Neuorientierung der Landwirtschaft, hin zur Erbringung von Gemeinwohlleistungen.
Es geht um die Verantwortung für mehr als 4.000 ha Land, die den BürgerInnen öffentliche Güter und
Ökosystemdienstleistungen wie Nahrungsmittel, sauberes Wasser, Biodiversität, gesunde Böden,
Erosionsschutz, Naherholung und Kulturlandschaft zur Verfügung stellen sollten.
Wie eine derartige Landwirtschaft aussehen und wirtschaftlich erfolgreich sein kann, ist mittlerweile
hinreichend bekannt, dokumentiert und erprobt (wie u.a. in Nürnberg gezeigt wird).
Deshalb: Lassen Sie uns erstmalig, im Rahmen eines öffentlichen Beteiligungsprozesses, ambitionierte Kriterien zur nachhaltigen Nutzung unserer landwirtschaftlichen Flächen Greifswalds entwickeln.
Gemeinsam mit Bürger*innen, Verwaltung, Umweltverbänden und Landwirten - für eine enkeltaugliche Landkultur.

Mit freundlichen Grüßen

ADFC Greifswald
Greenpeace Ortgruppe Greifswald-Stralsund
BUND Ortsgruppe Greifswald
FINC
NABU Kreisverband Greifswald
Ostseelandschaft Vorpommern - Vereinigung zum Schutz der Landschaft und ihrer natürlichen Vielfalt e.V.
Verquer – Vielfältige Bildung in Vorpommern