The upcoming Trump

Heute war ein kurzes Gespräch mit dem Mitglied des Konservativen Kreises der hiesigen CDU, dem Youngster Philipp Amthor in der OZ. Eigentlich sollte mensch seine Äußerungen mit gnädigem Schweigen übergehen, aber mit dieser Taktik haben wir einen Rassisten und Nazi-Unterstützer als US-amerikanischen Präsidenten gefördert.

Daher soll der alltägliche Rassismus und Chauvinismus hier deutlich gemacht werden.

Amthor nennt die "Ausländerkriminalität" als einen der treibenden Faktoren für seine Antwort auf die journalismusfreie Suggestivfrage der OZ: "Die Kriminalität ist bundesweit angestiegen. Was ist bei der inneren Sicherheit zu tun?". Ein juristisch zumindest halbgebildeter Mensch wie Amthor sollte wissen, dass es Straftatbestände gibt, die einzig und allein durch die Existenz des Ausländerrechts erzeugt werden - Verstöße gegen die Residenzpflicht in bestimmten Stadien des Anerkennungsverfahrens als größter Brocken z. B. -, die mit der "inneren Sicherheit" nichts, aber auch überhaupt gar nichts zu tun haben. Würde sich Amthor ein wenig um die Sache und, nebenbei, um die in seiner "Heimat" erscheinenden Medien kümmern, so fände er folgende Selbsteinschränkung der Autoren der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) [die Zitate stammen aus diesem Katapult-Beitrag]:
Diese Probleme sind auch den Verfassern der PKS bewusst. Sie stellen den Berichten daher folgende Leseanleitung voran: "Die PKS bietet somit kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätswirklichkeit, sondern eine je nach Deliktsart mehr oder weniger starke Annäherung an die Realität."
Die Verzerrung in der Darstellung der PKS hat mehrere Gründe:
- Weil die PKS ausländische Tatverdächtige gesondert betrachtet, wenden Medien und Politik ihre Aufmerksamkeit oft pauschal auf die Gefährdung durch "Ausländer".
- In der PKS ist jeder tatverdächtige Mensch, der keinen deutschen Pass hat, ein Ausländer (Touristen_innen, Arbeitnehmer_innen, Schüler_innen/Studierende, Asylbewerber_innen und Sonstige - letztere ist die zahlenmäßig am stärksten vertretene Gruppe).
- Im allgemeinen Sprachgebrauch werden auch Menschen mit Migrationsgeschichte als Ausländer bezeichnet, obwohl deren Familien teilweise schon viele Generationen in Deutschland leben. Das ist entscheidend, denn somit werden in der öffentlichen Debatte oft auch solche Menschen der Kategorie "Ausländer" zugeordnet, die in der PKS damit gar nicht gemeint sind.
- Wissenschaftliche Studien haben eine "ethnische Selektivität" im Anzeigeverhalten und in der Wahrnehmung von potentiellen Bedrohungen erkannt: Nichtdeutsche Täter werden verhältnismäßig häufiger angezeigt als deutsche. Diese Selektivität schlägt sich auch in der Polizeiarbeit nieder. So beschreibt der "Tatverdacht- und Kontrolleffekt", dass auch Polizisten davon ausgehen, dass Nichtdeutsche krimineller sind als Deutsche.
Diese von der Realität entkoppelte Wahrnehmung, die bisweilen einer Art "apokalyptischer Endzeitstimmung" gleicht, wird von einigen Parteien im Wahlkampf befeuert. Und die anderen Parteien machen mit. Denn mit dem Thema Sicherheit lässt sich in einem Land, in dem augenscheinlich die Furcht grundsätzlich groß und die vor "dem gewalttätigen Ausländer" noch größer ist, hervorragend auf Stimmenfang gehen. So konkurrieren Parteien und Politiker als Beschützer und Heilsbringer. Die Verlierer sind Menschen mit Migrationsgeschichte, wenn mit dem Trugbild des gefährlichen "Ausländers" rassistische Politik betrieben wird.
So viel zum alltäglichen Rassismus in der Bundesrepublik, hier die Anwendung in MV.

Und nun zum Chauvinismus: die von Amthor erwähnte "Grenzkriminalität", die zur bundesweiten Steigerung der Kriminalität beigetragen habe und ein Problem der "inneren Sicherheit" sei. Die PKS für den Landkreis Vorpommern-Greifswald besagt das Gegenteil:
Im Landkreis Vorpommern-Greifswald wurden im Jahr 2016 insgesamt 16.369 Straftaten registriert, 34 Straftaten (-0,2 %) weniger als im Vorjahr mit 16.403 Fällen. Damit setzt sich der Trend des Rückgangs fort, denn in 2013 wurden noch 18.003 Fälle registriert.[...] Die Kriminalitätshäufigkeitszahl lag bei 6.867 Straftaten pro 100.000 Einwohner und damit unterhalb dem Landesdurchschnitt von 7.632 Straftaten. [...] Die Diebstahlsdelikte mit 6.699 Straftaten und einem Rückgang von 403 Fällen stellt die größte Gruppe aller Straftaten dar. Damit setzt sich der Rückwärtstrend seit 2010 / 2011 im Landkreis V-G weiter fort. [...] Bei den Wohnungseinbruchsdiebstählen konnte ein weiterer Rückgang von 399 Fällen im Jahr 2013 (2014: 354 Fälle, 2015: 265 Fälle) auf jetzt 254 erzielt werden. Für die Insel Usedom weist die PKS einen Rückgang von 155 in 2013 (2014: 142, 2015: 78) auf jetzt 55 Fälle aus.[...] Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen hat sich von 15,29 % mit 968 Personen im Jahr 2015 auf 16,61 % mit jetzt 1.046 Personen erhöht. Der Anteil polnischer Staatsangehöriger bleibt mit 7,1 % (201: 7,26 %) nahezu unverändert. [...] Der Schwerpunkt liegt mit 162 Tatverdächtigen bei den Straftaten gegen das Aufenthalts-, das Asyl- und das Freizügigkeitsgesetz.
Und damit schließt sich der Kreis vom Rassismus zum Chauvinismus. Offensichtlich entspricht weder die Suggestivfrage der OZ noch die Antwort des konservativen JungCDUlers der Realität - weder die nicht genannten "Polen" noch die "Ausländer" stellen in Mecklenburg-Vorpommern irgendeine Gefährdung der "inneren Sicherheit" dar.

Sagt die Polizei.

Philipp Amthor weiß es offenbar besser...

Aber wir hatten ja schon konstatiert: Egal, was Amthor sagt, denkt oder tut, gewählt wird er von den Konservativen sowieso.