Gestern im Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur

... war es nicht schwer, die Nichtöffentlichkeit herzustellen: Der eine Besucher verließ kurz nach Eröffnung der Sitzung den Bürgerschaftssaal.

Im Senatssaal sah es anders aus: Auf der Sitzung des Bauausschusses war es pickepackevoll, alle Stühle besetzt, auch die für die Besuchenden. Ich gehe davon aus, dass die Änderung des durch die Bürgerschaft beschlossenen B-Plans 98 der Grund für die große Aufmerksamkeit war: Der Investor will sich nämlich scheibchenweise das wiederholen, was er bei dem seinerzeit stolz verkündeten "Kompromiss" verloren hat. Und er konnte guter Hoffnung auf Erfolg sein: Zwei alte, Sauerstoff produzierende und stadtbildprägende Linden sind zur Maximierung seines Profits bereits vom selben Bauausschuss (und der Bürgerschaft) zum Fällen freigegeben worden.

Ganz anders im Wirtschaftsausschuss. Ruhig zog er seine Bahn, wenig aufgeregt der Diskurs. Kurz flammte eine Diskussion auf, ob Spülen umweltschädlicher sei als die Verwendung von Pappbechern, aber das schlief dann auch schnell wieder ein. Die Forderung nach Ausweitung des MV-Tickets bis nach Berlin wurde ergänzt durch die berechtigte Beschwerde darüber, dass Greifswald insgesamt sowohl zeitlich als auch streckenmäßig schlecht an das Bahngeschehen angebunden sei.

Tja, hochaufregende Themen im Wirtschafts-, nicht im nebenan tagenden Umweltausschuss. Während dessen wurde dort, im Senatssaal, über die Entwicklung oder Zerstörung der Greifswalder Innenstadt diskutiert, über Auswirkungen von Gewerbeansiedlungen, über Verkaufsquadratmeter, Konkurrenzangebote, Anker und Magnete für den innerstädtischen Handel, über die Chancen des Einzelhandels in der virtualisierten und globalisierten Handelswelt.

Im Bauausschuss!

Immerhin hat sich der Wirtschaftsausschuss dann doch noch mit einem wirtschaftlichen Thema beschäftigt. Nach seinem Vortrag im Bauauschuss besuchte der Entwickler Elgetis den Bürgerschaftssaal und stellte die recht vagen Pläne für den Umbau der Domblamagen des Domcenters vor. Danach rang sich der Wirtschaftsausschuss zu folgendem Beschlusstext durch:


Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur bedauert, nicht in die Beratungsfolge der Beschlussvorlagen 06/974-976 (Gewerbe- und Kulturansiedlung KAW-Hallen) einbezogen worden zu sein. Er hat als einschlägiger Ausschuss für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Stadt einen anderen Blickwinkel als der sich nur auf den B-Plan konzentrierende Bauausschuss. Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur möchte sicherstellen, dass nicht durch die Veränderung des B-Plans 98 ein anderes wichtiges Projekt in der Innenstadt (Dompassagen) gefährdet wird.

Der dritte Absatz des von mir eingebrachten Vorschlags fand dann keine Mehrheit mehr:

Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur schlägt eine kurzfristig (unter weitestmöglicher Verkürzung der Einladungsfrist) anzusetzende gemeinsame Sitzung der Ausschüsse für Wirtschaft, Tourismus und Kultur sowie dem für Bauwesen, Umwelt, Infrastruktur und öffentliche Ordnung vor, zu dem beide Investoren bzw. deren auskunftsfähige Mitarbeiter eingeladen werden.
Warum auch.

Ich habe wegen der Kürze der Sitzung meinen mitgebrachten Steingutbecher kein zweites Mal mehr in den Kaffeautomaten schieben können.