Als ich die Standardwendung "schätzte er ein" las, wusste ich, dass ein wenig Ordnung in die Darstellung zu bringen ist. Eigentlich sind es drei Artikel, die hier mythisch, mystisch oder sonstwie miteinander verwoben sind.
1. Offenbar hat der OZ-Leser Jürgen Rother ein Problem mit der Beschilderung eines Fahrradweges. Der Mann half sich über Klarschiff und fragte nach. Zumindest über den Artikel (was bei "Klarschiff" herausgekommen ist, weiß ich nicht) bekam er die Antwort, dass es nicht mit Verkehrszeichen ausgewiesene Wege für Radfahrende Menschen gebe, wie z. B. das rot gepflasterte Stück Fußweg entlang der Anklamer Straße kurz nach der Europakreuzung. Ob es noch andere "andere" Fahrradwege gibt und wie diese zu erkennen sind, ist damit leider nicht geklärt und wird auch nicht gesagt. Mich persönlich würde die Pflasterung alleine nicht zufriedenstellen; auf der Südseite des Marktes sind Bereiche so gepflastert, als seien es Parkstreifen, trotzdem darf kaum jemand (Gehandicapte und Taxifahrende) dort parken, aber alle tun es, es handelt sich um sogenannte "andere" Parkplätze (alternative parking area). Es dient nicht unbedingt der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs, wenn es außer auf Verkehrszeichen noch auf die Textur der Fahrbahnoberfläche ankommt - aber eben auch nicht immer.
2. Das ewige Thema "gefühlte Sicherheit". Natürlich sollte man Menschen ernst nehmen, die sich abends wegen der Ausländer nicht auf die Straße trauen. Sie sollten achtsam betreut, über den Kopf gestreichelt und an die Hand genommen werden, um ihnen zu zeigen, dass es, gerade in MV, so viele Ausländer gibt, die sie ausrauben, überfallen und vergewaltigen, wie Wölfe unter ihrem Bett oder im Schrank.
Genau so ist das mit der "gefühlten Unsicherheit" auf der Straße, auf dem Radfahr- bzw. Schutzstreifen. Auf der Straße muß man zwar Gullis, Kanaldeckeln und Hydranten ausweichen, bei schlechtem Wetter auch knöcheltiefen Pfützen, leider auch parkenden Autos, die auf der Radverkehrsanlage ernsthaft glauben, "den Verkehr" nicht zu stören, auch behaupten viele Autofahrende ihr "Recht" auf der Straße oder wissen nicht, wie groß (oder klein) ihr Fahrzeug ist - insgesamt ist das aber noch ein Leichtes gegenüber
- Pfählen, die mitten auf dem Weg stehen (wie an der Europakreuzung zwischen Bushaltestelle Wolgaster Straße und Theatercaféhecke),
- in Gegenrichtung sich bewegenden Radfahrenden,
- Mülleimern,
- spielenden und von ihren Eltern gejagten Kindern,
- älteren Mitbürgern, die Platz für ihre Gehhilfe benötigen,
- Kiddys, die mit Knöpfen im Ohr und fb auf dem Screen ihre analoge Umgebung nicht wahrnehmen,
- in Viererkette den Weg einnehmenden Fußgängern,
- auch hier: parkenden Autos und Lieferfahrzeugen,
- Fußgehenden, die ein Recht auf ihren Fußweg haben,
- Sperrmüll,
- Abgrenzungspfählen,
- Straßeneinmündungen,
- Hofeinmündungen,
- Bordsteinabsenkungen (mit korrespondierenden "Erhöhungen" nach ein paar Metern)
- Scherben,
- Müll,
- Blätterhaufen,
- Schneehaufen,
- Bäumen (bitte nicht fällen!),
- Schutzbügel,
- Fahrradabstellanlagen
- (die Liste ließe sich beliebig fortsetzen).
Die Straße dagegen ist durch und für die Autofahrendenlobby in der Regel glatt, zügig und durchgängig zu befahren. Die Verhältnisse sind geklärt, Ampeln, Verkehrszeichen und "rechts vor links" sorgen für Sicherheit. Warum sollte man den Gegenwert für die Kohle, die den Autofahrenden ständig in den Allerwertesten geblasen wird, nicht zu seinem eigenen, des radfahrenden Menschen, Vorteil nutzen? Schon allein von der "Hardware", der Textur des Weges (um den obigen begriff aufzugreifen) her fährt es sich auf der Straße besser und sicherer - ja, auch sicherer, weil viele Unsicherheitsfaktoren des Fußweges auf der Straße einfach nicht vorkommen, und man sich auf das eigene Vorankommen und, vor allem, den Verkehr um einen herum konzentrieren kann.
Vor allem die abbiegenden Autofahrenden, die an den meisten Unfällen mit Radfahrendenbeteiligung die Schuld tragen, werden, so hoffe ich immernoch, nicht sehenden Auges einen vor ihnen fahrenden radfahrenden Menschen plattfahren, um rechts abbiegen zu können. Aber den postfaktisch "gefühlt sicheren" Menschen, der aus dem Dunkel des Rad- oder Fußweges kommt, den autofahrende Menschen nur sehen können, wenn sie sich wirklich vor dem Abbiegen richtig umdrehen (Hand aufs Herz, Autofahrende: wie oft dreht Ihr Euch beim Abbiegen so weit um, dass Ihr einen mehrere Meter entfernt fahrenden Menschen sehen und ihm den ihm zustehenden Vorrang gewähren könntet? Einmal nicht reicht schon!) erwischt es ständig, er oder sie wird laufend plattgefahren, wie auch das Kästchen unten am Ende des OZ-Artikels zeigt. Die erwähnten "benutzungspflichtigen Radwege", die abseits der Straße liegen, sind nicht "sicher", auch wenn man diese Unwahrheit noch zwanzig Mal wiederholt - es stimmt einfach nicht! Aber was ist Vernunft gepaart mit Statistik schon wert in diesen unseren postfaktischen Zeiten...
3. Und dann haben wir noch ein Ordnungsproblem. Nicht nur die Küken, die vor allem zu Semesterbeginn in Horden auftreten und noch nicht verstanden haben, dass weder sie noch im geschützten Kinderzimmer radfahren noch ihnen Mama Ente beschützend vorausfährt und ihnen die Gefahren des Lebens und des Straßenverkehrs vom Leib hält, sondern auch, um das andere Ende des Spektrums zu nennen, Senior_innen mit zwei bis drei Tüten am Lenker oder den Gehhilfen quer auf dem Gepäckträger und weiterhin dazwischen eine große Vielfalt von Menschen allen Alters mit eigenem Kopf schaffen sich eine jeweils eigene Straßenverkehrsordnung. Eigennütziges Sinnen und Trachten sorgen dafür, dass nur der eigene Weg von A nach B wichtig ist, der in kürzestem Abstand, quer über die Rabatten und auf leichteste Art zu machen ist. Der Egoismus dieser Straßenverkehrsordnungsschöpfenden blendet aus, dass viele Menschen um sie herum mit ihnen die Straße (oder den Fußweg) teilen, die eigene Ziele und Pläne im Kopf haben, die u. U. anders unberechenbar fahren als sie selbst. Hier sollte man nicht warten, bis die Unverschämtheit der Egoist_innen Unfälle erzeugt, sondern, wie es schon geschieht, ordnend (und knöllchenverteilend) eingreifen.
Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
So viel zu dem Artikel in der heutigen OZ.
1. Offenbar hat der OZ-Leser Jürgen Rother ein Problem mit der Beschilderung eines Fahrradweges. Der Mann half sich über Klarschiff und fragte nach. Zumindest über den Artikel (was bei "Klarschiff" herausgekommen ist, weiß ich nicht) bekam er die Antwort, dass es nicht mit Verkehrszeichen ausgewiesene Wege für Radfahrende Menschen gebe, wie z. B. das rot gepflasterte Stück Fußweg entlang der Anklamer Straße kurz nach der Europakreuzung. Ob es noch andere "andere" Fahrradwege gibt und wie diese zu erkennen sind, ist damit leider nicht geklärt und wird auch nicht gesagt. Mich persönlich würde die Pflasterung alleine nicht zufriedenstellen; auf der Südseite des Marktes sind Bereiche so gepflastert, als seien es Parkstreifen, trotzdem darf kaum jemand (Gehandicapte und Taxifahrende) dort parken, aber alle tun es, es handelt sich um sogenannte "andere" Parkplätze (alternative parking area). Es dient nicht unbedingt der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs, wenn es außer auf Verkehrszeichen noch auf die Textur der Fahrbahnoberfläche ankommt - aber eben auch nicht immer.
2. Das ewige Thema "gefühlte Sicherheit". Natürlich sollte man Menschen ernst nehmen, die sich abends wegen der Ausländer nicht auf die Straße trauen. Sie sollten achtsam betreut, über den Kopf gestreichelt und an die Hand genommen werden, um ihnen zu zeigen, dass es, gerade in MV, so viele Ausländer gibt, die sie ausrauben, überfallen und vergewaltigen, wie Wölfe unter ihrem Bett oder im Schrank.
Genau so ist das mit der "gefühlten Unsicherheit" auf der Straße, auf dem Radfahr- bzw. Schutzstreifen. Auf der Straße muß man zwar Gullis, Kanaldeckeln und Hydranten ausweichen, bei schlechtem Wetter auch knöcheltiefen Pfützen, leider auch parkenden Autos, die auf der Radverkehrsanlage ernsthaft glauben, "den Verkehr" nicht zu stören, auch behaupten viele Autofahrende ihr "Recht" auf der Straße oder wissen nicht, wie groß (oder klein) ihr Fahrzeug ist - insgesamt ist das aber noch ein Leichtes gegenüber
- Pfählen, die mitten auf dem Weg stehen (wie an der Europakreuzung zwischen Bushaltestelle Wolgaster Straße und Theatercaféhecke),
- in Gegenrichtung sich bewegenden Radfahrenden,
- Mülleimern,
- spielenden und von ihren Eltern gejagten Kindern,
- älteren Mitbürgern, die Platz für ihre Gehhilfe benötigen,
- Kiddys, die mit Knöpfen im Ohr und fb auf dem Screen ihre analoge Umgebung nicht wahrnehmen,
- in Viererkette den Weg einnehmenden Fußgängern,
- auch hier: parkenden Autos und Lieferfahrzeugen,
- Fußgehenden, die ein Recht auf ihren Fußweg haben,
- Sperrmüll,
- Abgrenzungspfählen,
- Straßeneinmündungen,
- Hofeinmündungen,
- Bordsteinabsenkungen (mit korrespondierenden "Erhöhungen" nach ein paar Metern)
- Scherben,
- Müll,
- Blätterhaufen,
- Schneehaufen,
- Bäumen (bitte nicht fällen!),
- Schutzbügel,
- Fahrradabstellanlagen
- (die Liste ließe sich beliebig fortsetzen).
Die Straße dagegen ist durch und für die Autofahrendenlobby in der Regel glatt, zügig und durchgängig zu befahren. Die Verhältnisse sind geklärt, Ampeln, Verkehrszeichen und "rechts vor links" sorgen für Sicherheit. Warum sollte man den Gegenwert für die Kohle, die den Autofahrenden ständig in den Allerwertesten geblasen wird, nicht zu seinem eigenen, des radfahrenden Menschen, Vorteil nutzen? Schon allein von der "Hardware", der Textur des Weges (um den obigen begriff aufzugreifen) her fährt es sich auf der Straße besser und sicherer - ja, auch sicherer, weil viele Unsicherheitsfaktoren des Fußweges auf der Straße einfach nicht vorkommen, und man sich auf das eigene Vorankommen und, vor allem, den Verkehr um einen herum konzentrieren kann.
Vor allem die abbiegenden Autofahrenden, die an den meisten Unfällen mit Radfahrendenbeteiligung die Schuld tragen, werden, so hoffe ich immernoch, nicht sehenden Auges einen vor ihnen fahrenden radfahrenden Menschen plattfahren, um rechts abbiegen zu können. Aber den postfaktisch "gefühlt sicheren" Menschen, der aus dem Dunkel des Rad- oder Fußweges kommt, den autofahrende Menschen nur sehen können, wenn sie sich wirklich vor dem Abbiegen richtig umdrehen (Hand aufs Herz, Autofahrende: wie oft dreht Ihr Euch beim Abbiegen so weit um, dass Ihr einen mehrere Meter entfernt fahrenden Menschen sehen und ihm den ihm zustehenden Vorrang gewähren könntet? Einmal nicht reicht schon!) erwischt es ständig, er oder sie wird laufend plattgefahren, wie auch das Kästchen unten am Ende des OZ-Artikels zeigt. Die erwähnten "benutzungspflichtigen Radwege", die abseits der Straße liegen, sind nicht "sicher", auch wenn man diese Unwahrheit noch zwanzig Mal wiederholt - es stimmt einfach nicht! Aber was ist Vernunft gepaart mit Statistik schon wert in diesen unseren postfaktischen Zeiten...
3. Und dann haben wir noch ein Ordnungsproblem. Nicht nur die Küken, die vor allem zu Semesterbeginn in Horden auftreten und noch nicht verstanden haben, dass weder sie noch im geschützten Kinderzimmer radfahren noch ihnen Mama Ente beschützend vorausfährt und ihnen die Gefahren des Lebens und des Straßenverkehrs vom Leib hält, sondern auch, um das andere Ende des Spektrums zu nennen, Senior_innen mit zwei bis drei Tüten am Lenker oder den Gehhilfen quer auf dem Gepäckträger und weiterhin dazwischen eine große Vielfalt von Menschen allen Alters mit eigenem Kopf schaffen sich eine jeweils eigene Straßenverkehrsordnung. Eigennütziges Sinnen und Trachten sorgen dafür, dass nur der eigene Weg von A nach B wichtig ist, der in kürzestem Abstand, quer über die Rabatten und auf leichteste Art zu machen ist. Der Egoismus dieser Straßenverkehrsordnungsschöpfenden blendet aus, dass viele Menschen um sie herum mit ihnen die Straße (oder den Fußweg) teilen, die eigene Ziele und Pläne im Kopf haben, die u. U. anders unberechenbar fahren als sie selbst. Hier sollte man nicht warten, bis die Unverschämtheit der Egoist_innen Unfälle erzeugt, sondern, wie es schon geschieht, ordnend (und knöllchenverteilend) eingreifen.
Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.
Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer
geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar,
behindert oder belästigt wird - heißt es im § 1 der StVO. Erst danach kommen alle anderen Paragraphen der für alle Verkehrsteilnehmenden gültigen Straßenverkehrsordnung.
So viel zu dem Artikel in der heutigen OZ.