Schneller bauen dank Bürgerbeteiligung
Bürgerentscheide müssen
Bauprojekte nicht notwendigerweise behindern. Sie könnten
sogar zu mehr und schnellerem Wohnungsbau beitragen. Diese
ungewohnte Sichtweise vertritt die Research-Abteilung der
Deutschen Bank. Nach der Veröffentlichung der eher bescheidenen
Wohnungsneu-bauzuwächse im Jahr 2015 hat sich auch die
Research-Abteilung der Deutschen Bank zu dem Thema geäußert. Ihr
Kommentar unterscheidet sich jedoch deutlich von denen vieler
Branchenverbände, die auf die Mietpreisbremse schimpfen und
höhere Abschreibungen sowie weniger Vorschriften am Bau
fordern. Vielmehr rät Analyst Jochen Möbert dazu, großzügiger
neue Stadtteile anzulegen. „Die bisherige Strategie, auf
Nachverdichtung und Konversion zu setzen, ist zu kurz
gesprungen“, urteilt er. Darüber hinaus müsse die Infrastruktur
besser werden, um die Wohnungsnachfrage stärker auf das Umland
der großen Ballungsräume zu verteilen. Möbert räumt ein, dass
großflächige Siedlungserweiterungen und Straßenbauprojekte
auf Widerstand in der ansässigen Bevölkerung stoßen könnten.
Darauf sollten Politik und Verwaltung nicht mit Abwehr
reagieren, sondern vielmehr mit einer standardmäßigen und gut
organisierten Bürgerbeteiligung. „Mit verpflichtenden
Bürgerentscheiden bei jedem größeren Bauvorhaben
domestiziert man auch die Wutbürger“, ist Möbert überzeugt.
Insgesamt würde dies das Planungsverfahren beschleunigen.
Darüber hinaus rät der Marktforscher der Deutschen Bank zu einer
Neuordnung von Bundesländern und kommunalen Gebietsgrenzen,
eventuell flankiert durch Volksabstimmungen. Und schließlich
sollten Verantwortliche in Politik und Wirtschaft in Zukunft
für misslungene Baugroßprojekte haften. Möbert gesteht zu, dass
einige dieser Vorschläge utopisch erscheinen. Allerdings
werde eine Fortsetzung der aktuellen Politik die regionale
Knappheit von Wohnraum nicht beheben. Ohne grundlegende
Kurskorrektur werde der Anstieg von Wohnungspreisen und Mieten
weitergehen und auch die Finanzbranche gefährden, da dieses
Umfeld zu immer riskanteren Investitionen verleite. (IZ,
20.06.2016)
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Wir geben diesen Artikel ungekürzt wieder, weil der Beitrag des Analysten der Deutschen Bank so viele Ansatzpunkte für Diskussionen bietet, dass es unmöglich scheint, ihn nur zu zitieren.