Sitzung des Sozialausschusses...

... des Kreises Vorpommern-Greifswald am 26.01.15 in Torgelow

Politikverdrossenheit ist angeblich, neben dem ganz normalen Rassismus, ein Grund für den Zulauf manch merkwürdiger Bewegung in diesen Wochen und Monaten. Und Politikverdrossenheit ist lernbar, z.B. durch einen oder mehrere Besuche der Ausschüsse unseres Kreistages. Ein gutes Beispiel dafür war die Sitzung des Sozialausschusses in Torgelow (Tagesordnung).

Es begann damit, dass der Vorsitzende (Schubert, CDU) zu Beginn ein Mitglied des Ausschusses ermahnte, doch bitte nicht einfach das Wort zu ergreifen, sondern sich an die Anmeldung zur RednerInnenliste zu halten. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, die aber auch für den äußerst selbstgefälligen Vorsitzenden gelten müsste. Dieser zeichnete sich aber dadurch aus, dass er nahezu jede Äußerung eines Ausschussmitgliedes meinte kommentieren zu müssen, ohne auch nur im Mindesten daran zu denken, sich selber auf die erwähnte Liste zu setzen. Meine Frage, ob Vorsitzende über die Moderation hinaus ein Dauerrederecht hätten, blieb leider unbeantwortet. Ich glaube zwar nicht, dass das der Grund war, dass im Folgenden die Mehrzahl der Ausschussmitglieder stumm blieb (da war eher Unlust im Spiel), aber den Rest der Diskussion bestimmten im Wesentlichen vier Personen. Der Vorsitzende natürlich, er hatte ja immer was zu sagen, Irina Rimkus (Linke), Cornelia Kampe (SPD/Grüne) und der Autor. Ein trauriger Beginn und Verlauf...

Auf das Thema Flüchtlinge und Flüchtlingspolitik in diesem Hochleistungskreis werde ich demnächst gesondert eingehen, ansonsten stand die Diskussion zu den Sparvorschlägen von Rödl & Partner im Mittelpunkt, wobei ich mich auf einige wenige Beispiele aus dieser denkwürdigen Werbeveranstaltung für Mvgida beschränken möchte.

Ein Vorschlag von Rödl & Partner ist die Schaffung einer Stelle eines Controllers im Jugend- und Sozialbereich. Dies soll 50.000 Euro im Jahr einsparen. Auf die Frage von Irina Rimkus (Linke), wie und wo ein Controller 50.000 Euro einsparen könne und zur Benennung von Beispielen, war Schweigen im Walde. Eine reine Luftnummer und eine Zahl, die durch nichts unterlegt ist.

Ähnliches galt für den Bereich der Kosten der Unterkunft für ALG II- und Sozialhilfeberechtigte, in dem die Beraterfirma ein Einsparpotential von 1.000.000 Euro sieht. Die Angemessenheitsgrenzen für die kalten Betriebskosten sollen nach dem Willen von Rödl & Partner (und der Kreis scheint willig) von derzeit 1,49 Euro/m² auf 1,19 bis 1,27 Euro/m² gesenkt werden. Dass Hilfeberechtigte auf diese Summen keinen Einfluss haben, geschenkt. Dies mag in der Tat rechnerisch 1.000.000 Euro pro Jahr ausmachen, meine Frage jedoch, wo die Grenze von max. 1,27 Euro/m² herkäme und ob sich dies belegen lasse, d.h. ob es überhaupt Wohnungen zu diesen Konditionen gebe, blieb ebenfalls unbeantwortet. Dies werde Rödl & Partner noch ermitteln. D.h. nichts anderes, als dass jetzt über Beträge und Einsparsummen diskutiert und womöglich vom Kreistag beschlossen wird, ohne dass es eine tragfähige und nachvollziehbare Berechnung dafür gibt. Luftnummer, mal wieder. Es erinnert ein wenig an die Einführung von Hartz IV, als ein Betrag von 345 Euro als Regelbedarf ins von Rot/Grün entworfene Gesetz geschrieben wurde und erst anschließend die statistischen Berechnungen zur Ermittlung des Existenzminimums angestellt wurden. Mit dem Ergebnis, dass das Existenzminimum in Höhe von 345 Euro berechnet wurde.

Abschließend wurde bekannt, dass die Richtlinien für die Kosten der Unterkunft nicht mehr im Kreistag, sondern im nichtöffentlichen Kreisausschuss beraten und beschlossen werden sollen. In Anbetracht der Tatsache, dass dies viele Menschen betrifft, könnte eine öffentliche Beratung sicherlich unangenehme Fragen aufwerfen. Da machen wir es lieber hinter verschlossenen Türen, und gut ist. In einem halben Jahr fragt sowieso niemand mehr danach. Der Antrag, dass der Sozialausschuss empfiehlt, die Richtlinien im Kreistag zu behandeln, fand keine Mehrheit.

Kommentare