Nordkurier: "von Nachbar zu Nachbar -

Helfen mit Herz"

So heißt das Leserhilfswerk des Nordkuriers. Dort werden Schicksale beschrieben und Menschen vorgestellt, die es nicht leicht hatten und haben. Gleichzeitig wird zu Spenden für diese Menschen aufgerufen.
Um es deutlich zu sagen: Das Ansinnen ist löblich und nicht verwerflich. Vielleicht kann so den Betroffenen schnell und unbürokratisch geholfen werden. Es wäre ihnen zu gönnen.
Von RedakteurInnen einer Zeitung erwarte ich aber mehr als nur eine Geschichte zu erzählen und die LeserInnen um Hilfe zu bitten.
Heute berichtete der NK unter der Überschrift "Nach Trennung fast keine Möbel" über eine junge Frau, für die "das Aus ihrer Partnerschaft" bittere Folgen gehabt habe. Sie müsse zur Kleiderkammer und habe so gut wie keine Möbel. Weiter heißt es: "Für die Einrichtung der neuen Wohnung hatte sie Hilfe beim Jobcenter beantragt. Mehr als ein Darlehen für Waschmaschine und Kleiderschrank gab es nicht."
Genau hier hätte die Redakteurin beginnen können, zu recherchieren. Denn eine Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräte, wie es im Gesetz heißt, steht ihr zu, und zwar komplett alles, was sie nicht besitzt. Dafür, bzw. für den kümmerlichen Rest, den das Jobcenter bewilligte, ist auch nicht vorgesehen, dass das als Darlehen gezahlt wird. Es ist ein Zuschuss für den Bedarf, Punkt!
Auch beim Nordkurier dürfte es sich herumgesprochen haben, dass rund die Hälfte aller Bescheide der Jobcenter, zumindest in Teilen, rechtswidrig sind. So auch die Entscheidung hier, wenn die Angaben im Artikel stimmen.
Es ist wie bei der Berichterstattung über das Tafelunwesen. Nicht das Versagen oder Unvermögen der staatlichen Behörden oder das beschämende Sozialsystem werden thematisiert, sondern herzzerreißende Geschichten erzählt und die Hilfe der LeserInnen erbeten. Wirklich geholfen würde der Frau, aber eben auch anderen, die mit ihrer Geschichte nicht in der Zeitung landen, wenn auch über die rechtliche Situation aufgeklärt würde. Daran könnten sich andere orientieren und dem Jobcenter auf´s Dach steigen. Von der Würde, die man empfinden kann, sich gegen staatliche Willkür durchsetzen zu können und nicht auf Almosen Privater angewiesen zu sein, mal ganz abgesehen. So bleibt ein bitterer Beigeschmack...