War es vor einiger Zeit ein eigentlich von mir geschätzter Greifswalder Blogger, der es mit dem Pressekodex nicht so genau genommen hat, ist es jetzt der Nordkurier. Dieser veröffentlichte heute online eine Geschichte (Überschrift: Asylbewerber geraten in Streit), die so beginnt:
"Im Asylbewerberheim im Torgelower Ortsteil Drögeheide ist die Polizei erneut im Einsatz gewesen. Wegen eines Mädchens sind Asylbewerber in Streit geraten, ein Messer wurde gezückt. Verletzt worden ist aber niemand. ..."
Der Artikel hätte auch so beginnen können:
"Männer geraten in Streit
In einem Wohnblock im Torgelower Ortsteil Drögeheide ist die Polizei erneut im Einsatz gewesen. Wegen eines Mädchens sind zwei Männer in Streit geraten, ein Messer wurde gezückt. Verletzt worden ist aber niemand. ..."
Denn es muss mal wieder an den Pressekodex erinnert werden. Danach "darf [niemand] wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden." Weiter heißt es: "In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht." Und: "Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte."
Ich zitiere den Kodex so ausführlich, weil ich meine, dass genau dies nicht beachtet wurde. Denn welcher begründete Sachbezug zu AsylberwerberInnen ist erkennbar, der das Herausstellen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe rechtfertigt? Auch ist die Hervorhebung geeignet, Vorurteile zu schüren.
Auch dieser Absatz lässt sich anders schildern:
"Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hatte der Afghane Kontakt zu einem 14-jährigen Mädchen aus Tschetschenien aufgenommen. „Die Tschetschenen sahen darin offenbar ihre Familienehre angetastet“, vermutete der Polizeisprecher."
So z.B.:
"Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hatte der Mann Kontakt zu einem 14-jährigen Mädchen aus dem Wohnblock aufgenommen. „Die Angehörigen sahen darin offenbar ihre Familienehre angetastet“, vermutete der Polizeisprecher."
Lediglich die Vermutung des Polizeisprecher über das enge Zusammenleben von unterschiedlichen Kulturen als Ursache des Streits könnte den Artikel in dieser Form rechtfertigen. Doch auch das reicht nicht, da es lediglich um eine einzelne Meinung handelt. Vielleicht ist einfach das Zusammenpferchen auf engstem Raum, das solche Situationen herauf beschwört?
Immerhin, und dafür sei gedankt, hat es der Nordkurier vermieden, diesen Artikel bei Facebook einzustellen. Denn dort hätten sich der Mob wieder prächtig austoben können.
*Update*: Ein Nachtrag, zugleich eine Antwort auf die Kommentare und den Nordkurier, findet sich hier.
"Im Asylbewerberheim im Torgelower Ortsteil Drögeheide ist die Polizei erneut im Einsatz gewesen. Wegen eines Mädchens sind Asylbewerber in Streit geraten, ein Messer wurde gezückt. Verletzt worden ist aber niemand. ..."
Der Artikel hätte auch so beginnen können:
"Männer geraten in Streit
In einem Wohnblock im Torgelower Ortsteil Drögeheide ist die Polizei erneut im Einsatz gewesen. Wegen eines Mädchens sind zwei Männer in Streit geraten, ein Messer wurde gezückt. Verletzt worden ist aber niemand. ..."
Denn es muss mal wieder an den Pressekodex erinnert werden. Danach "darf [niemand] wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden." Weiter heißt es: "In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht." Und: "Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte."
Ich zitiere den Kodex so ausführlich, weil ich meine, dass genau dies nicht beachtet wurde. Denn welcher begründete Sachbezug zu AsylberwerberInnen ist erkennbar, der das Herausstellen der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe rechtfertigt? Auch ist die Hervorhebung geeignet, Vorurteile zu schüren.
Auch dieser Absatz lässt sich anders schildern:
"Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hatte der Afghane Kontakt zu einem 14-jährigen Mädchen aus Tschetschenien aufgenommen. „Die Tschetschenen sahen darin offenbar ihre Familienehre angetastet“, vermutete der Polizeisprecher."
So z.B.:
"Nach ersten Erkenntnissen der Polizei hatte der Mann Kontakt zu einem 14-jährigen Mädchen aus dem Wohnblock aufgenommen. „Die Angehörigen sahen darin offenbar ihre Familienehre angetastet“, vermutete der Polizeisprecher."
Lediglich die Vermutung des Polizeisprecher über das enge Zusammenleben von unterschiedlichen Kulturen als Ursache des Streits könnte den Artikel in dieser Form rechtfertigen. Doch auch das reicht nicht, da es lediglich um eine einzelne Meinung handelt. Vielleicht ist einfach das Zusammenpferchen auf engstem Raum, das solche Situationen herauf beschwört?
Immerhin, und dafür sei gedankt, hat es der Nordkurier vermieden, diesen Artikel bei Facebook einzustellen. Denn dort hätten sich der Mob wieder prächtig austoben können.
*Update*: Ein Nachtrag, zugleich eine Antwort auf die Kommentare und den Nordkurier, findet sich hier.