Es hätte so schön sein können...

Der Aufsichtsrat des Theaters empfiehlt den Gesellschafter_innen, aus dem Intendantenvertrag auszusteigen. Die Gesellschafter_innen beraten am vergangenen Dienstag und stimmen dem zu. Der jetzige Intendant ist keine lame duck, sondern kann sowohl für das Theater wie für den Intendantenwechsel im kommenden Jahr sorgen. Das Ensemble kann darauf eingestellt werden, damit nicht wieder so etwas passiert wie nach dem Krach mit Nekovar und Ickrath. Das Theater bekäme ab dem nächsten jahr vielleicht wirklich frischen Wind, der AR hätte gelernt, nicht nur auf die betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten eines potentiellen neuen Intendanten zu schauen (vielleicht sogar mal eine Frau einzuladen?), trotz der ministeriellen Unverschämtheiten aus Schwerin hätte man den Wechsel vollziehen können - der nötig ist, denn entgegen der Berichterstattung in der heutigen OZ steigen die Besucher_innenzahlen nicht, gibt es riesige Verschiebungen und Ungleichgewichte zwischen den Sparten, was die Akzeptanz durch das Publikum angeht, gibt es erhebliche Unzufriedenheit im Ensemble und - dies private Wort sei dem Schreibenden dieses gestattet - die Stückauswahl stößt nur zögernd auf größere Gegenliebe beim Publikum. Alle diese Probleme hätten im nächsten Jahr geregelt und (möglicherweise) beendet sein können. Für alle Seiten ein prima Lösung: für uns, das Publikum, für das Ensemble, für das Theater und auch für den Intendanten. Hätte, wäre, wenn...

Aber leider, leider: Verantwortungslosigkeit greift um sich. Eine Sickerstelle, die irgendwo im Aufsichtsrat oder den unter Beteiligten der Stadtverwaltungen liegen muss (kleiner Hinweis: der erste reißerische Krawalljournalismusartikel kam aus der Stralsunder Redaktion der OZ), ließ diese Personalangelegenheit öffentlich werden. Damit ist nicht nur die Person Löschner beschädigt, sondern auch das Theater, weil jetzt ein unnötiger Dissens zwischen Aufsichtsrat und Gesellschafter_innen auftritt, das Theater jetzt mit einem Jahr der Nichtentscheidungen zu rechen hat und man sich jetzt in Schwerin händereibend in den Sessel zurücklehnt, weil eine Schwätzer_in und zwei Journalist_innen gerade zugunsten der Brodkorbschen Theater"reform" das Theater Vorpommern zerlegen.

Journalismus muss investigativ sein. Aber was das bedeutet, muss man den verantwortlichen Redakteur_innen unserer Lokalzeitung offenbar noch erklären: Nicht jede Information aus nichtöffentlichen Gremien muss gleich zur bild-Schlagzeile verwurstet werden. Persönliche Bereicherungen gehören aufgedeckt, auch bei zweifelhaften Fällen; Ungerechtigkeiten müssen öffentlich diskutiert werden, auch wenn die Quellen nicht genannt werden dürfen, um sie zu schützen - die Fälle Assange, Snowdon und andere zeigen das deutlich. Es muss einen Sinn der Veröffentlichung geben, um den Verstoß gegen die Nichtöffentlichkeit zu verletzen, sprich: es muss eine verantwortliche Entscheidung getroffen werden. Aber in vorliegendem Fall pseudo-investigativen Journalismus' und der Schwätzer_in aus nichtöffentlichen Kreisen fehlt genau diese Begründung für die Publikation eines Sachverhalts, einzig die Mediengeilheit einer Schwätzer_in und der Wunsch nach bild-Schlagzeilen in der OZ liegen der Publikation zugrunde. Mit anderen Worten: Der aufklärerische Sinn des Journalismus ist hintenübergefallen zugunsten der Freude am unreflektierten Draufhauen.

Bei der Publikation von Informationen aus nichtöffentlichen Gremien müssen halt beide nachdenken, ob sie etwas tun oder nicht - die Schwätzer_in und die Journalist_in. Es liegt ausschließlich in ihrer Verantwortung. Dasselbe gilt auch für die Folgen.