Lust auf mehr

Ein Artikel in der FR beginnt so:
erstaunlich, dass kaum einer sich über Zigtausende SUV beschwert, wohl aber über bunte Fahrrädchen
Das macht doch Lust, den Artikel weiter zu lesen! Was kommt noch?
Doch man bedenke, was dieser Veloschwemme vorausgegangen sein muss. Riesige kapitalkräftige Unternehmen sondierten den Markt und mithin die Bedürfnisse der Menschen. Das Ergebnis: Der Bürger ruft nach Rad. Also witterte man ein Geschäft und begab sich zu Werke. Uns sagt das: Da hat eine gewaltige Veränderung in der Gesellschaft stattgefunden, weg vom Automobil. Sie muss nun nur noch in die richtige Richtung gelenkt werden.
Stutz. War das so? Und wie weiter?
Es wurde salonfähig, ein Wort namens „Fahrverbote“ überhaupt in den Mund zu nehmen. Noch vor wenigen Jahren wäre man dafür als verschrobener Ökospinner gescholten und von alten, zahnlosen ADAC-Veteranen mit „Geh doch rüber“-Rufen überhäuft und mit Peter-Stuyvesant-Schachteln beworfen worden. Ebenfalls ein gigantisches Umdenken binnen kürzester Zeit – weg vom Automobil.
Aber damit noch nicht genug:
Keine Ahnung, wie lange ich schon an dieser Stelle und anderswo gleichsam als einsamer Rufer in der Wüste nach einem kostenlosen öffentlichen Personennahverkehr krähe. Es sind mindestens vier Jahrzehnte. Und nun diskutieren alle darüber. Sogar über die Einführung meiner so geliebten Bürgerabgabe zur Finanzierung des Ganzen wird ernsthaft gesprochen, ganz konkret in Tübingen. Ein klarer Schritt weg vom Automobil.
Schließlich:
Tja, und zu guter Letzt, und das ist Mirakel Nummer vier, scheint die Deutsche Bahn über Nacht zur Vernunft gekommen zu sein. Sie besinnt sich nämlich öffentlich ihrer ureigensten Aufgabe, nämlich des flächendeckenden, preiswerten Transports von Mensch und Material.
Sie überlegt sogar, ohne Rücksicht auf Gewinnmaximierung stillgelegte Nebenstrecken wiederaufzuforsten und Güter wieder mehr auf die Schiene zu bringen – weg vom Automobil. Und ich, ich bin nun gespannt, ob ich das alles nur geträumt habe.
Ich auch. Vor allem das Bekenntnis zur Bahn hier im abgehängten Nordosten ("Ihr habt doch schon die A 20 in die Wüste gelegt bekommen. Wieso wollt ihr auch noch Züge?", so der abgelegte Bahn-Chef Mehdorn) lässt mich weiter träumen...