Gründe für die Kündigung des Abonnements IV

So langsam ist die morgendliche Lektüre kein Spaß mehr. Bis jetzt habe ich in den vier Minuten, die ich für unseren lokalen Schweinepreisanzeiger brauche, viel lachen können.

Ich beginne mit einer Sammlung von Gründen, das Abonnement zu kündigen.

Auf der Titelseite der gestrigen OZ finden wir folgende Überschrift auf der ersten Seite des Mantelteils (!), Greifswalder Ausgabe:
Kurze Leser_innenbefragung: Was denken Sie beim Lesen einer solchen Schlagzeile? Ich musste denken: Die Namensdiskutierenden sind interessierte Mitmenschen, die sich informieren, bevor sie am Diskurs teilnehmen. Sie argumentieren nicht gefühlsmäßig aus dem Bauch heraus, sondern rational mit versuchter Objektivität (mehr können wir ja alle nicht); ihre Invektive und Hassmails, die die OZ alle kritiklos abgedruckt hat, sind sachlich begründet.

Denkt man(n) (und frau) beim Lesen der von der OZ ganz bewusst so gesetzten Überschrift.

Doch schon der Anfang des Artikels selbst straft die eigene Überschrift Lügen und macht die "Meinungsbildung", wie die OZ sie versteht, deutlich:


Tausende Klicks? Kaum Interesse? Rätsels Lösung? Da muss man schon, wie der Beitrag am Ende sagt, unter "Lokales" schauen.

Oder hier, im weiteren Verlauf des Aufmachers:



Es wird am Ende auf das Innere der Zeitung, "Lokales", verwiesen. Was steht dort? Ein Ausnahmeartikel, der in Ton und Inhalt aus der üblichen Meinungsmache der OZ in der causa Namensablegung heraus- und auffällt:

Uni-Infos zu Arndt: Kaum einer liest sie

Wie passt das zu den "tausenden Klicks" der Überschrift auf der ersten Seite, für die der Autor des Artikels sicherlich nicht verantwortlich war?
Selbst nach der Diskussionsveranstaltung am 11. Januar, über die in den Medien berichtet wurde, gab es gerade mal 19 Zugriffe auf die Seiten, sagt Uni-Pressesprecher Jan Meßerschmidt. Zum Vergleich: Die Startseite der Uni wird täglich knapp 3000 mal angewählt. [...] „Erst nach der Entscheidung des Senats ist das Interesse an umfassenderen Informationen zu Arndt sprunghaft gestiegen“, sagt der Sprecher. 584 mal wurden die Seiten allein am 19. Januar besucht.
Ein ähnlicher Anstieg ist auch bei anderen Informationsquellen im Internet zu beobachten. Die Besucherzahlen des Wikipedia-Artikels „Ernst Moritz Arndt“ stiegen am Tag der Senatsentscheidung von durchschnittlich 200 auf mehr als 5400 am Tag. Auch bei Google schnellte die Zahl der Suchanfragen zu „Ernst Moritz Arndt“ am 18. Januar kurzzeitig in die Höhe, um mehr als das Zehnfache.
Danach ebbte das Interesse allerdings schnell wieder ab. Aktuell wird die Arndt-Seite der Universität etwa 50 mal am Tag aufgerufen. Die meisten Besucher verlassen die Sonderseite allerdings nach kurzer Zeit wieder. [...] Weniger als jeder zehnte Besucher der Arndt-Sonderseite ruft diese Informationen ab.
[...]
Begonnen hatte der Aufbau der Themenseiten zu Arndt im Sommer 2009, im Zuge der damaligen Debatte um eine mögliche Namensänderung. Die Universität beauftragte eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern, Informationen zu Arndt für die Internetseiten zusammenzustellen. Die Ergebnisse seien erst nach „mühevollen Diskussionen“ und Absprachen mit dem Rektorat und den Dekanen der Fakultäten online veröffentlicht worden, berichtet Meßerschmidt. „Ziel war eine sachliche und fachlich richtige Darstellung zum Namenspatron der Universität.“
Offensichtlich war, bei aller Aufregung über die Ablegung des Namens, Information nicht angesagt.

Tja, besorgte Bürger_innen eben, die gefühlig entscheiden, Drohbriefe versenden und Hasstiraden in den unsozialen Medien loslassen. Informieren muss sich niemand, alle wissen Bescheid und wollen: auch noch ernst genommen werden.

Diese Rationalitätsfreiheit und Informationsunnötigkeit hat die OZ parteiisch unterstützt und noch gesteigert. Die Zeitung hat in Hinsicht auf die Namensdiskussion nicht journalistisch gearbeitet, sie hat nicht Bericht erstattet, auch wenn der hier zitierte Artikel von Alexander Solenko zu den wenigen und positiven Ausnahmen gehört.



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