Systemwandelnotwendigkeit

In einem Kommentar in der heutigen OZ heißt es auszugsweise:


Offenbar haben die Nieten in Nadelstreifen in ihrer Gier auf höhere Grundvergütungen und Boni nicht mitbekommen, was weltweit gerade passiert. Nicht nur in der Lufhansa denkt man, die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts sei noch nicht beendet, auch in der deutschen Autoindustrie hat man, Sektflaschen auf der Bahnsteigbank leerend, sämtliche Züge abfahren lassen:

Offensichtlich sind ganz viele Konzernmitarbeitende am Abgasbetrug beteiligt, denn welche Lösung sieht die VW-Konzernspitze im Falle Abgasbetrug? Genau: Entlassungen!
Volkswagen will in den kommenden neun Jahren Jobs streichen: Unter dem Druck des Dieselskandals und milliardenhoher Investitionen sollen laut dem Betriebsrat bis zu 23.000 Stellen bei seiner Kernmarke VW in Deutschland abgebaut werden
... und weltweit noch viel, viel mehr. Nix is' mit Einsicht, nichts mit Wandel vom Dinosaurier zum modernen Lebewesen: Erst einmal die eigenen Pfründe (Vergütungen, Boni, sonstige Zusatzleistungen) retten, indem "gesundschrumpft". Dabei steht VW nur beispielhaft für die Unfähigkeit der deutschen Autoindustrie, von ihrem hohen Ross herunterzukommen - vor allem, was die Konzernleitenden angeht. In ihrer gnadenlosen Unfähigkeit sollten sie noch vor den 23.000 Mitarbeitenden nach Hause geschickt werden; ihr Polster, auf dem sie sich dann ausweinen können, dürfte dick und weich genug sein...
 
Selbiges betrifft auch die Atomindustrie, verkörpert durch die vier großen Energieerzeuger, die über Jahrzehnte unmäßige Gewinne gescheffelt haben mit einer Technik, die ihnen von den Universitäten und mit Kraftwerken, die ihnen vom Staat (also von uns allen!) geschenkt worden sind, und die nun ihre Verluste sozialisieren wollen, indem sie sich an den Folgekosten der Atomstromerzeugung, nämlich der Abwrackung der ausgelutschten Kraftwerke und der problematischen Lagerung atomar kontaminierten Gedönses, nur mit einem Bruchteil beteiligen wollen.

Man lese die heutige Meldung genau:
Mehr als 30 Jahre nach der Explosion im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl wird heute die neue Schutzhülle für das Reaktorgebäude eingeweiht. [...] An den Kosten von zwei Milliarden Euro haben sich mehr als 40 Länder beteiligt.
Länder! Da steht nichts von Firmen, Unternehmen, Konzernen. Tschernobyl war in der UdSSR natürlich staatlich, aber international Teil des atomaren Komplexes, mit dem sich E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW und ihre Vorgängerinstitutionen jahrzehntelang bereichert haben.

Ich weiß, ich weiß, immer dieselbe Leier, aber trotzdem: Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste - nach wie vor das Prinzip kapitalistischen Wirtschaftens.