Die ich rief, die Geister, ...

Montagsdemo 2.0 in Greifswald

Die als Montagsdemos 2.0 oder Wahn machen Mahnwachen bekannten Versammlungen sind seit geraumer Zeit auch in Greifswald angekommen. Der Fleischervorstadtblogger berichtete im Vorfeld der Versammlung, bei uns gab es einen kurzen Eindruck über die erste Montagsversammlung, wie sie sich selbst bezeichnet.
Damit könnte es gut sein, zumal zu den beiden letzten Versammlungen deutlich weniger Personen anwesend waren als zu Beginn im Mai. Die Frage allerdings, warum es die Marke "Montagsdemo" sein muss, um über die Themen zu diskutieren, die die Versammelten antreiben, bleibt unbeantwortet.
Die Verwendung dieser Marke legt zumindest den Eindruck nahe, dass die Nähe zu dubiosen Gestalten wie Mährholz, Jebsen, Elsässer oder zum Verschwörungstheoretiker Andreas Popp wenn nicht gesucht so doch geduldet wird. Den Fleischervorstadtblogger veranlasste das zu der Frage, ob sich Susanne Wiest, die sich seit Jahren für ein bedingungsloses Grundeinkommen engagiert und für direkte Demokratie einsetzt, für dieses hehre Ziel bei der Montagsdemo in guter Gesellschaft befindet. Andererseits haben sich die in Greifswald Versammelten oder besser die InitiatorInnen in ihrem Aufruf - wir könnten es wohlwollend rauslesen - von den zuvor genannten Protagonisten distanziert:
"Kein Führer, keine Parolen, kein Gejohle, kein hohles Parteiphrasengequatsche, keine Versprechungen — dafür gemeinsames Überlegen, Denken, Reden und Zuhören."

Spätestens mit der Ankündigung, am 30.06.2014 Bernd Senf in Greifswald sprechen zu lassen, ist für mich Schluss mit lustig. Bernd Senf, geboren 1944, lehrte von 1973 bis März 2009 als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) Berlin. Seit April 2009 ist er nur noch frei schaffend tätig, heißt es auf seiner Homepage.
Senf soll über "Geld regiert die Welt - Die Entschleierung der Geldherrschaft" sprechen. In der Ankündigung heißt es:
"Seine lebendige, anschauliche und allgemein verständliche Art der Vermittlung komplexer Zusammenhänge hat vielen Menschen den Zugang zu einem tieferen Verständnis des Finanzsystems erleichtert und zu eigenen weiterführenden Studien angeregt."

Doch wie sieht es jetzt mit der möglichen Abgrenzung unserer DemonstrantInnen zu Jebsen, Elsässer, Mährholz und anderen aus? Wenn ich mir Bernd Senfs Homepage anschaue, sehe ich das "Who is Who" der VerschwörungstheoretikerInnen, aber auch noch viel mehr. Senf bespricht Licht und Schatten der LaRouche-Bewegung und sieht damit auch positive Seiten bei dieser Politsekte. Diese befürwortet Atomkraftwerke und bemerkt eine „gefährliche Ideologie der Ökologiebewegung“. Antisemitismus liegt zumindest der Vorsitzenden nicht fern, die im Übrigen in bester Nazi-Tradition vom "Europa der Vaterländer" spricht.
Weitere Verlinkungen auf Senfs Internetseite zu "Chemtrails", zu Jebsen, Elsässer und Mährholz sowie zum Kopp-Verlag lassen, um es vorsichtig auszudrücken, ein schräges Weltbild erkennen. Aber es geht sogar noch schlimmer (Screenshot der Homepage):
Eva Herman, Autorin des dubiosen Kopp-Verlages, die das Ende der NS-Zeit so meinte kommentieren zu müssen: "Aber es ist damals eben auch das, was gut war, und das sind Werte, das sind Kinder, das sind Mütter, das sind Familien, das ist Zusammenhalt – das wurde abgeschafft."
Gerd Wisnewski, Christoph Hörstel, 9/11 oder die Seite alles-schallundrauch.blogspot.de fehlen selbstverständlich auch nicht. Und natürlich dies:
Jede/r, die oder der die Versammlungen besucht, muss wissen, dass sie/er sich in die Nähe solch rechtspopulistischen Unsinns begibt, auch wenn sie/er das nicht teilt.
Warum wir, ganz im Sinne aller Vorgenannten, die Unterscheidung in rechts und links überwinden müssen, konnte mir auch noch niemand beantworten. Mein Nichtbegreifen wird gerne mit dem Hinweis abgetan, ich wäre halt noch nicht so weit.
Zum Schluss eine Erklärung von Robert Gabel: "Die Montagsdemos bestehen aus Leuten, die Youtubevideos geschaut haben und ganz erschrocken sind, dass die Welt doch nicht so ist, wie sie dachten; da kriegen sie dann plötzlich Verschwörungstheorien zu sehen, an die sie vorher nicht im Traum nicht gedacht hatten. Und dann tun sich all diese Leute zusammen, um dagegen zu demonstrieren, dass sie die Welt nicht mehr verstehen."