Tja, die lieben Investoren...

In Greifswald beginnt gerade die Auseinandersetzung um einen neuen Lieblingsinvestor der Stadt, der wie viele andere das Blaue vom Himmel verspricht. Wobei die Farbgebung für ein solches Projekt schon fast zu schön frühlingshaft ist...
Wir hatten Fernando mit seiner Investition am Ryck (klappt nicht), diverse Investoren in den A-Quartieren (sind alle weg), die Investruine Domblamagen, die künstlich beatmete dunkle Höhle am Ende des Schuhhagen, das Monstergebäude an der Loeffler-Straße, den zum Glück verhinderten Verkauf städtischen Gesellschafts-Eigentums, die komplette Zerstörung eines gut erhaltenen innerstädtischen Quartiers zugunsten von - laut Gestaltungssatzung verbotenen - Spiegelfassaden in der Langen Straße, die Betonwanne mit Verkehrsverwirrungsführung am Bahnhof, den Großinvestor, der zwischen Ryck und Wolgaster Straße ein Wohnparadies mit Grachten bauen wollte, und viele mehr.

Wer mit Investitionen in siebenstelliger Höhe winkt, darf mit begeisterter Aufnahme rechnen - die Frage der Seriosität wird in diesem Bereich nicht gestellt.

In der Nähe von Schwerin hat es geklappt. Ein Werk, das sonst niemand haben wollte, durfte errichtet werden und existiert baulich, was schon seit geraumer Zeit zu überschwenglicher Berichterstattung führt (ähnlich wie die kleinsten Vorgänge um AIDA):
Die Produktion läuft noch nicht, doch die ersten Auszubildenden haben ihren Arbeitsvertrag schon in der Tasche. Im neuen Nestlé-Werk in Schwerin sollen in wenigen Wochen 2400 Kaffeekapseln der Marke Dolce Gusto pro Minute vom Band rollen — Anzahl steigend. Anja Kühn (20), Hannes Warning (16) und Madeleine Mätzold (20) werden ab 1. August dabei mitarbeiten.[...]
 „Bisher haben wir noch keine Ausbildungswerkstatt“, erklärt Birte Harder. „Deshalb startet die Lehre im Hamburger Schokoladenwerk.“ In den kommenden Jahren werde jedoch auch in Schwerin eine Werkstatt für Azubis eingerichtet. „Ab 2015 wollen wir zudem weitere Ausbildungen im technischen wie auch im kaufmännischen Bereich anbieten.“
450 Mitarbeiter sollen künftig in dem Werk arbeiten. Derzeit sind rund 100 Mitarbeiter eingestellt. Anfang Mai beginnt die Produktion an vier Straßen, geplant sind zwölf. Pro Jahr soll mindestens eine neue Linie hinzukommen. 50 000 Quadratmeter misst der 220 Millionen Euro teure Bau, so viel wie sieben Fußballfelder.
600 Kaffeekapseln soll jede Straße in einer Minute produzieren können. Die Maschinen werden 365 Tage im Jahr in Betrieb sein.
300 Millionen verkaufsfähige Kaffeekapseln will das Nestlé-Werk bis Ende 2014 herstellen.
Sieben Gramm Kaffee sind laut Hersteller in einer Kapsel für schwarzen Kaffee enthalten. Umweltschützer kritisieren den anfallenden Müll durch die Verpackungshülsen. Der Verbraucherschutz Mecklenburg-Vorpommern bestätigt: „Die Umweltbelastung ist deutlich höher als bei einer klassischen 500-Gramm-Packung“, sagt Verbraucherschützer Matthias Wins. „Auch der Preis ist teuerer.“ So kostet ein Kaffee der Marke Dallmayr Promodoro aus dem Kapselautomaten rund 30 Cent. Bei der Zubereitung in einer Filtermaschine kostet der gleiche Kaffee rund zwanzig Cent weniger. „Der Verbraucher muss entscheiden, ob ihm Bequemlichkeit oder Geschmack das wert sind“, so Wins.
Warten wir ab, bei CDs aus Dassow und bei echtem mecklenburg-vorpommerschen Kaviar waren wir auch ganz hoffnungsfroh; vom Skifahren im Nordosten und den Werften ganz zu schweigen...

Die beste Stellungnahme zu der Alu-Hütchen-Produktion in Schwerin findet sich hier:

[...] Nestlé kam als erster auf die Idee mit dem portionierten Kaffee – in den Achtzigern. Da war aber die Zeit noch nicht reif, es regierten die Ökos. Wenn da ein Schweizer Großkonzern einen Laden mit Teakholz-Theke in Deutschland aufgemacht hätte, wäre er von Umweltaktivisten in die Luft gesprengt worden. Heute ist das Geschäft mit den Kapseln ein Milliardengeschäft. Klar, portionierter Kaffee passt super in unseren modernen Lifestyle: Der kurze Coffee-Shot für den trendigen Großstadt-Single zwischen Business Meeting und After-Work-Party. Nespresso hat den Kaffee aus dem Joch des Kaffeekränzchens befreit, wo er eingekerkert in Rosenthal-Tassen auf Spitzendeckchen unter dem Gekeife von Krampfadern geplagten alten Schachteln ein kümmerliches Dasein fristete. [...] „10 Kapseln ungefähr 3,50 Euro!“ Ich überschlage im Kopf: Das heißt also 35 Cent pro Stück. Bei circa 6 Gramm Kaffee pro Kapsel. Das sind… Ich rufe begeistert aus: „Krass, das sind ja nur 60 Euro pro Kilo Kaffee!“ [...]
Sind die Jungs irre? Für 60 Euro bekomme ich wilden, handverlesen Dschungel-Kaffee mit Öko-Premium-Siegel, der so fair gehandelt wurde, dass ein äthiopischer Kaffeesammler seine Kinder in Berlin Theaterwissenschaften studieren lassen kann. Doch eines interessiert mich noch, und ich wende mich dem Verkäufer erneut zu: „Diese Aluminiumkapseln – muss das wirklich sein?“ Ich erheische ein kurzes nervöses Zucken über der linken Augenbraue des Verkäufers. Er meint vorsichtig: „Aluminium ist das beste Material für die Aufbewahrung natürlicher Aromen!“ Ich antworte energisch: „Schon, aber laut eigenen Angaben von Nespresso werden derzeit 12300 Nespresso-Espressi pro Minute getrunken. Bei verarbeiteten 1,1 Gramm Aluminium pro Kapsel, kommt man damit auf 13,5 Kilo in der Minute, 811 Kilo in der Stunde und 19 Tonnen am Tag. Man schätzt jährlich entstehen durch Nespresso ca. 6000 Tonnen Metallabfall. Das entspricht einem Schrotthaufen, der entsteht, wenn man den Eifelturm zersägt!“ [...]

 Auch hier und hier wird darüber berichtet.

Richtiger Kaffee schmeckt anders...